Boris Ignatowitsch - Kunst im Auftrag
Ch. Links Verlag

ISBN: 3-86153-415-0

Begleitband zur Ausstellung im Deutsch-Russischen Museum Berlin, 2006/07

Kunst im Auftrag

Im Zeitalter der Digitalfotografie und Fotohandys erhalten Fotografien aus vergangenen Jahrzehnten besonderen Stellenwert. Nicht nur als historische Dokumente, sondern auch durch den technischen Unterschied. Der Begleitband zur Ausstellung „Kunst im Auftrag“ im Deutsch-Russischen Museum Berlin Karlshorst zeigt die Werke des Fotografen Boris Wsewolodowitsch Ignatowitsch.

Boris Ignatowitsch gilt neben Alexander Rodtenschko und El Lissitzky als Wegbereiter des sowjetischen „fotografischen“ Konstruktivismus“. Er gehörte zu jenen Künstlern, die sich aktiv am Aufbau der neuen sozialistischen Gesellschaft einbringen wollten. Am 04.April 1899 im polnischen Sluzk geboren und mit Beginn des Ersten Weltkrieges in die Ukraine evakuiert, beginnt Ignatowitsche seine journalistische Tätigkeit zu einer Zeit, als die Sowjetunion sich in allen Bereichen im Umbruch befand. Die Bauern werden zu Kolchosen zusammengeschlossen, gigantische Industrieprojekte in Angriff genommen und die Alphabetisierung der Bevölkerung mit oberster Dringlichkeit umgesetzt. Als Ignatowitsch 1921 verantwortlicher Redakteur der Zeitung „Gornjak“ in Moskau wurde, herrschte in der Metropole ein reges Fotografenleben. Wie kaum ein anderer sollte Ignatowitsch mit seinen Stilmitteln die sowjetische Reportagefotografie prägen. Ab 1929 war er als Fotoreporter im ganzen Land unterwegs. Sein neuer „dynamischer Aufnahmestil“ erregte Aufmerksamkeit und wurden auch im Ausland ausgestellt. Erstmalig waren seine Fotografien 1929 auf der berühmten modernistischen Werkbund-Ausstellung „Film und Foto“ in Stuttgart zu sehen. In den dreißiger Jahren hingen seine Bilder auch in New York, London und Prag aus. Einige in diesen Jahren entstandene Fotografien wie „Ermitage“ (1931) oder „Dusche“ (1935) gelten zu Recht als Ikonen der russischen Avantgarde.

1941 wurde Ignatowitsch als Militärkorrespondent der Zeitung „Boewoe Snamja“ (Kampfbanner) bei der 30.Armee der Kalininfront einberufen. Er fotografiert alles, „was ein Mensch im Krieg erlebte“: verbrannte Dörfer, den Alltag in den Unterständen, das Leben in den Schützengräben. 1943 verbrachte er mehrere Monate hinter der Frontlinie und dokumentierte fotografisch auf vielfältige Weise den Partisanenkrieg. Doch sind seine Kriegsfotografien selbst in Russland bis heute weitgehend unbekannt geblieben. Daher wird in der Ausstellung wie im Begleitband auf diese Fotografien besonderer Wert gelegt. Obwohl Boris Ignatowitsch von Fremdaufträgen abhängig war und seine Fotos der politischen Macht zu Propaganda- und Agitationszwecken diente, folgte er stets auch seinen eigenen Leitlinien und professionellen Maßstäben. Ignatowitsch starb an seinem Geburtstag 1976 in Moskau. Heute zählt er zu den anerkannten Klassikern der Fotografie. Valerij Stignejew räumt im liebevoll gestalteten Begleitband viel Platz dem Leben und Wirken Ignatowitschs in einer detaillierten zweisprachigen Biografie (deutsch und russisch) ein.