CHILE - PATAGONIEN 3 von 4
ISLA DE CHILOÉ, GAUCHOS, GLETSCHER UND MAPUCHE
Torres del Paine Nationalpark

Seit etwa 7.000 Jahren lebten hier Tehuelche-Indianer, 1959 wurde das Gebiet um die Torres zum Nationalpark erklärt und 1978 als UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt. 2005 und 2011 vernichteten, durch Achtlosigkeit von Touristen, zwei verheerende Waldbrände 29.000 Hektar des ökologisch sensiblen Parks.

Südamerikanischer Viehirt

Die Geschichte Patagoniens ist auf engste mit der Schafzucht verbunden, die durch schottische Einwanderer um 1880 begann. Das Postkarten-Klischee des Sombrero-geschmückten Gauchos mit Silbersporen und farbenprächtigem Poncho wollen sich die meisten Hirten nicht leisten.

Das Zentrum des „Kleinen Südens“ liegt etwa 900 Kilometer südlich von Santiago. Hier verwandeln sich die mächtigen Hügelketten der Kordilleren in ungezählte Inseln im Stillen Ozean. Nur die schneebedeckten Vulkane strecken sich in den weiten chilenischen Himmel. Das fruchtbarste Stück Erde Chiles erstreckt sich über 600 Kilometer. Dichte Brombeerhecken ringen mit gelbleuchtenden Ginsterbüschen, Holsteiner Kühe weiden auf saftigen Wiesen und die Namen Reichert, Müller, Bitterlich und Horn weisen auf die deutschen Einwanderer im Mapuche-Land hin. Bis in das 19.Jahrhundert markierte der Rio Bío Bío die südliche Grenze der Zivilisation. Jenseits davon lebten die Mapuche und nur Glücksritter und Händler drangen in das Grenzland vor. Noch heute wird das ehemalige Indianerland „La Frontera“ genannt, „Grenzland“. Es ist das Tor nach Patagonien. Doch Patagonien geografisch einzuordnen, fällt schwer; jeder scheint etwas anderes darunter zu verstehen und selbst Wikipedia legt sich auf die Grenzen vom südlichen „Ende der Welt“, „elf in del mundo“, nicht fest. Für manche ist bereits alles Land südlich von Buenos Aires und Santiago de Chile Patagonien, für andere beginnt es erst tausend Kilometer südlich am Rio Chubut. Die meisten Darstellungen jüngeren Datums haben sich auf die Nordgrenze entlang des Rio Bi Bio und Rio Colorado geeinigt. Doch auch die Südgrenze verschiebt sich von Reiseführern zu Reiseführern, von denen manche Feuerland und Kap Horn dazuzählen, andere sehen die Magellanstraße, die Feuerland vom Festland trennt, als südliche Grenze. Nur Ost- und Westgrenze, Pazifik- und Atlantikküste, sind unbestritten.

Auf unserer Reise ist Angelika Reichhardt nicht nur Führerin und wichtigste Helferin, sondern als Einheimische und Mapuche-Indianerin auch unerschöpfliche Geschichtenerzählerin. Die resolute und humorvolle Chilenin war als Adoptivtochter einer deutschen Siedlerfamilie an den Ausläufern des Osorno aufgewachsen und brachte uns besonders die Gegend um den Lago Llanquihue nahe. Angelika war etwas untersetzt, hatte pechschwarzes Haar und ihre dunklen Augen über den hohen Wangenknochen blickten freundlich. Die Mapuche waren das einzige Volk in Südamerika, welches die Spanier nicht bezwingen konnten; die sich sogar zeitweilig eine gewisse Autonomie gegenüber der weißen Kolonisation erkämpfen konnten. Die Kämpfe, die sich über die Jahrhunderte hinzogen, wurden erst durch die Armee des von Spanien unabhängig gewordenen chilenischen Staates 1883 beendet. Heute sind die etwa eine halbe Million Mapuche das größte Ureinwohnervolk in Chile; von den ehemals dreißig Millionen Hektar Land sind ihnen nicht einmal ein Prozent der Fläche geblieben. Die Selk'nam, Kawéskar, Yámana, Caucahue und Tehuelche wurden entweder ausgerottet oder sind in der Bevölkerung aufgegangen. Bis auf wenige Fotografien und Geschichten existiert heute nur noch wenig von den Ureinwohnern.

Wir erreichen Puerto Montt am frühen Nachmittag. Die Hafenstadt mit ihren knapp 240.000 Einwohnern empfängt uns mit frischem Seewind und kühlen Temperaturen. Der kleine schummrige Markt in der Angelmó Bucht ist so etwas wie einer der touristischen Höhepunkte. Schwertfische, Aale und Hechte liegen frisch und säuberlich aufgereiht neben Krabben, Muscheln und Seeigeln. Wir probieren Paila marina, die typische Pfanne mit gegarten Meeresfrüchten und einen leckeren Cabernet Sauvignon. 1846 trafen die ersten deutschen Siedler in Valdivia ein, am 28.November 1852 die ersten Deutschen mit dem Schiff „Susanne“ in Puerto Montt. Sachsen, Schlesier, Hessen und Preußen, die in den folgenden Jahren Weideflächen in die dichten Nebelwälder brannten und doch oft nicht dagegen ankamen. Das Leben war rau und wenn es auch immer wieder Zwischenfälle mit den Indianern gab, so fanden die Deutschen doch meistens Unterstützung von denen, die letztlich immer weiter zurückgedrängt wurden. Es waren die Grenz- und Pioniergeschichten, die eines Karl May würdig waren. Erzählungen, die ebenso kitschig wie geflunkert waren und ebenso offensichtlich wahr wie das Land hinter den Kordilleren schmal und abwechslungsreich war. Und Angelika schien alle Erzählungen zu kennen. Sie brachte uns in jenen Tagen Chile ebenso näher wie sie uns mit ungezählten Geschichten um den Osorno, um Vulkanausbrüche und Stürme, um Erbgeschichten und Enterbungen auf dem Laufenden hielt.

Wir blieben einige Tage in Puerto Varas, das, 20 Kilometer nordöstlich am Lago Llanquihue, noch heute als Zentrum der deutschstämmigen Chilenen gilt. Die wildschöne Landschaft um den See mit der schneeweißen Mütze des Osorno gehört zu den Kleinodien Südamerikas. Im Club Aleman de Puerto Varas treffen sich noch heute die, vornehmlich älteren, Leute, diskutieren über das Wetter und die Politik im Allgemeinen, den neuesten Tratsch im speziellen und über die Leistungen ihrer Enkel, die auf die deutsche Schule gehen.

Die Fähre zwischen dem Festland und der Isla de Chiloé brauchte etwas über eine halbe Stunde. Es goss in Strömen und selbst den Schwarzhalsschwänen schien das trübe Wetter auf die Nerven zu gehen. Selbst der Osorno, den wir tags zuvor noch im Sonnenschein gesehen hatten, versteckte sich im Nebel und der Regenwald machte seinem Namen betrüblicherweise alle Ehre. Charles Darwin schrieb über die Menschen auf der Insel, daß sie zu seiner Zeit so arm waren, daß man „nicht imstande war, weder ein Pfund Zucker noch ein gewöhnliches Messer zu kaufen. Kein Individuum besaß eine Uhr.“ Noch heute gilt die Isla de Chiloé, trotz des wenigen Tourismus, als eines der Armenhäuser Chiles. Die Chiloten sind in manchen Reiseführern als dumm und starrsinnig verschrien und diese sind wiederum stolz darauf dass sich ihre reichhaltige Kultur unabhängig von chilenischen Einflüssen entwickelt hat. Doch ohne die Chiloten ist die Geschichte Chiles nicht denkbar. Es sind die Holzkirchen der Franziskaner- und Jesuitenmissionen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören und eher im Interesse der Reiseführer stehen. Der Regen indessen machte nicht viel Lust auf chilotische Kirchenkultur. Im kleinen Fischerdorf Ancud waren in kühlen aber trockenen Wellblechhallen einige Marktstände aufgebaut. Hier wird alles verkauft, was ein guter chilenischer Haushalt nötig hat. Töpfe, Pfannen, Spaten und Äxte, Knöpfe und Garn, Kassettenrecorder und Molkereiprodukte. Frische Fische konkurrierten mit Seeigeln und Austern, Tomaten, verschiedenste Krautsorten, Kartoffeln in allen Größen und Varianten, Käse und Eier wurden ebenso angeboten wie Cochayuyo (Braunalgen) und Zitronen. Das Hundefutter lag direkt neben vielfarbigen Mais- und Sonnenblumenkernen und die Pillen gegen Prostatabeschwerden und  Pillen zur Stimulanz beschworen ihre natürliche Wirksamkeit.

Etliche Kormorane gierten im Hafenbecken, welches für einige Minuten in der Sonne lag, nach einer Mahlzeit, Möwen kreischten und zeterten ununterbrochen und ein Pelikan schaukelte träge und vollgefressen auf einem Boot. Die Bahía Punihuil empfing uns stürmisch. Der Regen war uns gefolgt und die vielgepriesene Pinguinkolonnie bis auf den Hauswart leer. Einige zugemüllte Wellblechhütten klebten zwischen den Felsen an der steilen Uferböschung, die Satellitenschüsseln und Fischerboote bewiesen wie die spielenden Kinder, dass die Hütten bewohnt waren. Geier ließen sich vom stürmenden Seewind treiben und Dutzende Kormorane bevölkerten gemeinsam mit den Möwen die Felsklippen im Meer. Die zweitgrößte Insel des Kontinents erinnerte mich mit ihrem saftigen Grün und  reichhaltigem Wechsel von Regen und Sonne an Irland.

Fernando de Magallanes steht mit stolz erhobenem Kopf breitbeinig neben einer Kanone und zu seinen kauern zwei besiegte Indianer, Speer und Bogen in den Händen. Das Denkmal auf dem Plaza de Armas von Punta Arenas, das einer der reichsten Männer, José Menéndez, 1920 aufstellen ließ, ist die Geschichte von Südamerika in Kurzform. Allein konterkariert wird die Erinnerung durch die Touristen, die den Fuß eines Indianers berühren. Wer dies tut, wird nach Patagonien wiederkommen heißt es und angesichts des blanken Bronzefußes scheinen das nicht wenige Besucher zu glauben. Die südlichste Stadt des amerikanischen Kontinents gleicht den vielen anderen entlegenen Orten der Welt. Oft als Strafgefangenenkolonie oder Militärstützpunkt gegründet, folgten Freiwillige und Zivilisten mit der Hoffnung auf schnellen Reichtum. Die Schafzucht  wurde zum Wirtschaftsmotor und sorgte zum Aufstieg in der Pampa, der unendlichen patagonischen Steppe, deren Reichtümer jedoch höchst ungleich verteilt wurden. Bis zur Eröffnung des Panamakanals 1914 war Punta Arenas Anlaufstelle aller Schiffe, die Waren und Passagiere von Europa und der Ostküste Nordamerikas nach dem Westen und zurück transportierten. Walfänger machten hier Halt, Frachter und Kriegsschiffe unter chilenischer, amerikanischer und deutscher Flagge und jede Reederei im internationalen Schifffahrtsgeschäft hatte hier eine Niederlassung. Flüchtlinge und Glücksritter, Robbenfänger und Pelztierjäger, Matrosen, Abenteurer und Kriminelle wurden ebenso im Ort angespült wie sich ehrbare Handwerke, Kaufleute und Farmer eine neue Heimat schufen. „Auch die Familien der großen Schafbarone, allen voran die durch Heiraten verbandelten Braun, Menéndez und Nogueira, gründeten hier zusätzlich zu ihren Estancias diverse Banken, Handelshäuser, Schifffahrtslinien, Versicherungen, Telefongesellschaften, errichteten Speicher, Schlachthöfe und Kühlhäuser. In geradezu obszöner Offenheit stellten sie ihren Reichtum zur Schau; sie bauten Paläste mit riesigen mit riesigen Wintergärten, ließen sich Möbel aus England, Tapeten aus Frankreich, Porzellan aus Deutschland, vergoldete Kamingitter aus Flandern und den Marmor für ihre Bäder aus Italien kommen. Im Stadthaus der Familie Braun-Menéndez, unmittelbar neben dem Magellan-Denkmal, stammt nicht einmal das Holz des Parkettfußbodens aus Patagonien. Es wurde ebenfalls per Schiff über den Atlantik herangeschafft.“, notiert der Journalist Klaus Bednarz über die Dekadenz der Boomjahre. „Im krassen Gegensatz dazu stand die soziale Situation der Mehrheit der Bevölkerung Vielen Arbeitern zahlte man den kümmerlichen Lohn in Form von Gutscheinen aus, die sie nur in Geschäften, die dem Patron gehörten, gegen Waren eintauschen konnten – meist zu Wucherpreisen. Diese Menschen lebten in Elendsquartieren ohne Licht, ohne Wasser und sahen nicht selten als einzigen Ausweg die Flucht im Alkohol. Zwielichtige Schnapsläden, Bars und Bordelle zogen nicht nur die heimische Klientel an, sondern auch all die Seeleute, Fischer, Robbenjäger und Walfänger, die auf der Durchreise in Punta Arenas Station machten, hier Heuer und Lohn durchbrachten.“ Doch mit dem Bau des Panamakanals und den fallenden Wollpreisen nach dem Ersten Weltkrieg ging es auch mit den „goldenen Jahren“ bergab. Die sozialen Spannungen nahmen zu, es folgten die ersten Streiks, Gewalt und brutale Niederschlagung.

Die Ewigkeit des patagonischen Geldadels dauert über ihren Tod hinaus und manifestiert sich in den Mausoleen, Tempeln und Grabstätten auf dem Friedhof von Punta Arenas. Noch heute künden zwischen dunkelgrünen Zypressen, kerzengerade geschnittenen Wachsoldaten gleich, neben dem marmornen Mausoleum der Familie Braun-Menéndez und dem Tempel des ungekrönten Königs von Patagonien, Don José Menéndez, die Verkündungsengel und Begräbnisstätten von der bewegten Geschichte Patagoniens. Und vom Schmelztiegel der Nationen. Häufig vertreten sind spanische und kroatische Namen, zahllose italienische, schottische, polnische und russische Einwanderer. „Zum Gedenken der Deutschen die ihre Arbeit aus Liebe zu diesem Land geleistet haben und hier in Frieden ruhen!“ erinnern zwei große deutsche Gemeinschaftsgräber neben anderen an Walter Gerber, Albert Purtz und Otto Dassler. Am Rande des weitläufigen Geländes erinnert eine kleine Bronzefigur mit den Gesichtszügen eines Indianers an die indigene Vergangenheit. „Der unbekannte Indianer kam aus dem Nebel der Geschichte  und ruht hier, beherbergt im liebenden Vaterland des ewigen Chilenentums.“ steht auf einer Tafel.

Im klassischen Schachbrettmuster ziehen sich die Straßen des etwa 120.000 Einwohner zählenden Ortes an der Magellanstraße hin. Von der Plaza de Armas , die neben den Palästen und Prachtbauten des patagonischen Schafadels von modernen Bürogebäuden und Kaufhäusern umgeben sind, sind es über die Pedro Montt nur wenige Schritte hinunter zur „Estrecho de Magallanes“. Im Oktober 1520, 28 Jahre nach Entdeckung der Neuen Welt durch den Genuesen Christoph Kolumbus, fand der Portugiese Fernao de Magalhaes auf seiner Weltumseglung im Auftrag der spanischen Krone die Durchfahrt an der südlichen Spitze Amerikas. Auf einem alten, ziemlich verrotten Pier hatten sich Dutzende Kormorane niedergelassen, ließen sich ihren frischen Fang schmecken und balgten sich mit den Möwen um die besten Plätze. Einige Frachtschiffe ankerten im Hafen, löschten ihre Fracht und Feuerland, „Tierra del Fuego“, lag klar und greifbar nah auf der anderen Seite der Meeresenge. Einige junge Soldaten nutzten ihre freie Zeit, schlenderten am Kai entlang oder blickten nachdenklich in die Ferne. Die unrühmliche Geschichte des chilenischen Militärs während der Pinochet-Diktatur spaltet das Land noch immer und die Aufarbeitung der Vergangenheit, die Demokratisierung des Landes steht, trotz vieler Fortschritte, weiterhin in den Anfängen.

Für die 250 Kilometer durch die patagonische Pampa nach Punta Arenas benötigten wir etwas mehr als fünf Stunden. Die Straße war gut asphaltiert und meist schnurgerade, die Pampa wie aus dem Duden eine „ebene, baumarme Grassteppe in Südamerika“. Nahezu die ganze Strecke begleiteten uns die Weidezäune beiderseits der Fernstraße Nr.9 und nur hin und wieder von einzeln hingeworfenen Estanzias unterbrochen und Rush Hour augenscheinlich ein Fremdwort. Immer wieder nötigten wir Angelika und unseren Fahrer  Jaime Gallardo Araya zu einem Halt, wetteiferten mit unseren Kameras um die besten Bilder von Emus, Flamingos, Magellan-Gänsen und Schwarzzügel-Ibissen. Angelika, die sich an unserer Jagdleidenschaft angesteckt hatte, verdankte ich auch ein Braunborsten-Gürteltier. Allerdings erreichten wir so Puerto Natales erst im Dunkeln. Wir übernachteten mondän im Hotel Australis mit direktem Blick über den Fjord Ultima Esperanza, der Fjord der letzten Hoffnung,  dessen raue Schönheit wir erst am nächsten Morgen in den schnell und tief hinziehenden Wolken entdecken konnten.

Die Hafenstadt zählt mit ihren 19.000 Einwohnern nur ein knappes  Viertel des niedersächsischen Celle und hatte in frühen Jahren nicht den besten Ruf. Von deutschen Schafzüchtern Ende des 19.Jahrhunderts gegründet, wurde sie bald zum Sammelbecken von Kriminellen und Verzweifelten. Anfang des alten Jahrhunderts schossen riesige Schlachthöfe in den Himmel Fischfabriken, Wellblechhütten, Kneipen und Bordelle. Mord und Totschlag waren an der Tagesordnung; Robbenwettschlachten gehörten zu den beliebten Wochenendvergnügungen. An die wilde Vergangenheit erinnert heute nur wenig und Puerto Natales bildet die  Ausgangsbasis für Exkursionen in den Nationalpark Torres del Paine und den Nationalpark Bernardo O’Higgins. Einmal in der Woche legt die Fähre aus Puerto Montt an. Kurz hinter Puerto Natales führt eine gut ausgebaute Schotterpiste fast schnurgerade zum nördlich gelegenen Torres del Paine, eines der populärsten Reiseziele Patagoniens. Etwas abseits liegt die sagenhafte Mylodón-Höhle, in der 1896 von dem deutschen Abenteurer Hermann Eberhard Fell- und Knochenreste eines prähistorischen Riesenfaultiers gefunden wurden. Heute scharen sich Touristen um die Nachbildung des ausgestorbenen Säugers. Hinter der Plaza la Herradura biegt der Highway 9 in einem scharfen Knick nach links; nach rechts führt die Staubpiste noch etwa 6 Kilometer bis sie die argentinische Grenze erreicht. Ein kleiner Souvenirladen mit Restaurant und Toilette, etlicher touristischer Krimskrams, der von Briefbeschwerern, Holzfaultieren und Plüschguanakos bis hin zu praktischen Wollmützen, Feuerzeugen und Ponchos Geldbeutel und Besitzer lockt, eine Estanzia und einige Hütten der Grenzpolizei markieren den östlichen Eingang zum Nationalpark. Eine Fahrtstunde später wächst das Bergmassiv der Torres del Paine in den Himmel.

Eine Herde Guanakos graste an den Ufern eines Sees und posiert für unsere Bilder. Catwalk auf chilenisch. Die fast kitschige und doch faszinierend schöne Szenerie wirkte surreal. Wir fotografierten im Dauerfeuer und fast ekstatisch die patagonische Landschaft und Jaime – fotografierte uns.

Die Torres del Paine gehören zu den spektakulärsten Landschaften der Welt und einzigartiger Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Vögel. An den Stromschnellen des Rio Paine erklärten wir unserer netten, jedoch etwas schusseligen Reisebegleiterin Rosemarie den Unterschied zwischen Himalaya und Patagonien, Schwarzhalsschwänen und Guanakos und entdeckten für sie die neue Spezies der südchilenischen Gegenstromenten. Seit etwa 7.000 Jahren lebten hier Tehuelche-Indianer, 1959 wurde das Gebiet um die Torres zum Nationalpark erklärt und 1978 als UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt. 2005 und 2011 vernichteten, durch Achtlosigkeit von Touristen, zwei verheerende Waldbrände 29.000 Hektar des ökologisch sensiblen Parks. Die Nacht verbrachten wir frierend und bei stürmischem Wind in idyllisch gelegenen Blockhütten am Rio Serrano. Am nächsten Morgen hielt sich der Lago Grey an seinen Namen. Steil reckten die Torres ihre Finger in den Himmel, drohend und magisch zugleich, schneebedeckt und von Wolkenfetzen umspielt. Die Überfahrt mit dem kleinen Motorboot zum Gletscher war stürmisch und führte an zahlreichen Eisblöcken vorbei, die an die Küsten des nördlichen Polarmeeres erinnerten. Strahlend und nahezu unwirklich ragte der Gletscher mit seinen verschiedenen Blauschattierungen am Ende des Sees in den grauen  patagonischen Himmel.  Das übliche Touristenpaket ließ uns die Entscheidung über einen Pisco  Sour oder Whiskey mit „tausendjährigem Eis“. Ich entschied mich für den chilenischen Cocktail, genoss die Rückfahrt und die Kondore, die sich über uns vom Wind tragen ließen.

Auf dem Rückweg nach Punta Arenas begegneten uns Gauchos und Schafe, grüne Papageien und Geierfalken, die Angelika Lämmergeier nannte und ihrem Namen unter den weit verstreut weidenden Schafen alle Ehre machten. Die letzte Nacht vor unserem Abflug ließen wir uns im Restaurante Charles Darwin in Puerto Natales Fische und Austern schmecken, genossen den chilenischen Weißwein und beendeten unseren patagonischen Ausflug mit einem starken Kaffee.

Frischer Fang auf Chiloé

Während am Hafen Fische, Austern und Seeige garantiert fangfrisch sind, werden in den Gaststätten des kleinen Südens heiße Schokolade und Strudel nach deutschem Rezept angeboten.

Fischfang vor Chiloé

"Etliche Kormorane gierten im Hafenbecken, welches für einige Minuten in der Sonne lag, nach einer Mahlzeit, Möwen kreischten und zeterten ununterbrochen und ein Pelikan schaukelte träge und vollgefressen auf einem Boot."

Friedhof Punta Arenas

Noch heute künden zwischen dunkelgrünen Zypressen, kerzengerade geschnittenen Wachsoldaten gleich, neben dem marmornen Mausoleum der Familie Braun-Menéndez und dem Tempel des ungekrönten Königs von Patagonien, Don José Menéndez, die Verkündungsengel und Begräbnisstätten von der bewegten Geschichte Patagoniens.

Patagoniens Berge

Kurz hinter Puerto Natales führt eine gut ausgebaute Schotterpiste fast schnurgerade zum nördlich gelegenen Torres del Paine, eines der populärsten Reiseziele Patagoniens.

Patagonische Papageien

Auf dem Rückweg nach Punta Arenas begegneten uns Gauchos und Schafe, grüne Papageien und Geierfalken

Guanakos

Eine Herde Guanakos graste an den Ufern eines Sees und posiert für unsere Bilder. Catwalk auf chilenisch.

Milodonhöhle

Etwas abseits liegt die sagenhafte Mylodón-Höhle, in der 1896 von dem deutschen Abenteurer Hermann Eberhard Fell- und Knochenreste eines prähistorischen Riesenfaultiers gefunden wurden.

Torres del Paine

Seit etwa 7.000 Jahren lebten hier Tehuelche-Indianer, 1959 wurde das Gebiet um die Torres zum Nationalpark erklärt und 1978 als UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt.