DUBLIN
GUINESS UND JAMESON, OSKAR WILDE UND WICKLOW MOUNTAINS
The Long Room - Trinity College

Der Reiz Irlands wird in Dublin auf wenige Höhepunkte beschränkt. Doch neben den zahlreichen, viel beschriebenen Pubs, zählt das Trinity College zu den bedeutenden Stätten der Welt. Sie besitz die grösste Sammlung von Handschriften und Büchern in Irland. Die Bibliothek besteht, seit das Trinity College 1592 von Königin Elisabeth gegründet wurde. Der Bibliotheksbestand umfasst nahezu drei Millionen Bücher, verteilt über acht Gebäude. Die Hauptkammer der Old Library, der Long Room, ist fast 65 Meter lang und beherbergt etwa 200.000 der ältesten Bücher. Marmorbüsten bedeutender Wissenschaftler, Politiker und Philosophen sind entlang beider Seiten des Raums aufgestellt. Die Harfe zählt zu den ältesten Irlands und Legenden schreiben sie Brian Boru zu, einem Hochkönig von Irland, der 1014 starb.

May your glass be ever full. May the roof over your head be always strong. And may you be in heaven half an hour before the devil knows you're dead. (Irischer Segen)

Presselandschaft

Eine Vielzahl von Tageszeitungen bereichern die Grüne Insel. Der Themeninhalt reicht, wie in vielen westlichen Ländern, von linkslastig oder konservativ bis inhaltslos und Massentauglich.

Meine Verbundenheit mit Irland war bisher auf Guinness und grüne Kleeblätter beschränkt geblieben. Der Golfstrom sorgte an der Westküste für ein warmes Klima, in welchem auch Palmen wachsen sollten und die „grüne“ Insel hielt Keltenkreuze, Harfen und Leprechaun stolz und hoch empor. Doch waren es keine Vorurteile, die mich an der Insel scheitern ließen. In erster Linie konnte ich die Zeit nie aufbringen, Irland einen Besuch abzustatten; oberhalb der Cliffs of Moher den Atlantik zu grüßen oder durch Dublins Strassen zu gehen. Selbst die irische Reise von Walter Kaufmann hatte ich noch nicht gelesen. Es war ein kleines Taschenbuch von 1981 aus dem Kinderbuchverlag der DDR, politisch im Stil der Zeit geschrieben und nicht ungefiltert lesbar. Im Vorwort beschrieb Kaufmann indessen die Situation Irlands, welche über lange Zeiten das Bild der gesamten Insel geprägt hatte und teils noch heute zeichnet.

„Die grüne Insel ist seit 1921 geteilt: Nach 300jähriger Besetzung erzwang die Republik Irland im Süden ihre staatliche Unabhängigkeit von England – der Preis dafür waren die sechs Grafschaften im ökonomisch entwickelten und strategisch wichtigen Norden. Sie blieben ein Teil Großbritanniens, des „Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland“.

Die Republik Irland ist trotz Selbständigkeit ökonomisch weiter abhängig von Großbritannien, der Norden Irlands ist nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch abhängig; er wurde eine englische Kolonie. Seine einheimische irische Bevölkerung – Katholiken – ist durch die Nachfahren englischer und schottischer Siedler – Protestanten – zu Minderheit geworden, diskriminiert im eigenen Land. Die Katholiken haben weder die gleichen Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten noch die gleichen politischen Rechte wie die Protestanten. Seit Jahrhunderten kämpfen die Iren um ihre Glaubensfreiheit, das heißt um ihre Gleichberechtigung und Unabhängigkeit. Die IRA, die Irische Republikanische Armee, für diese Ziele gegründet, fand große Anhängerschaft. Selbst der von der IRA abgespaltete Flügel, der mit Terror und Bomben gewaltsame Lösungen sucht, hat lange Sympathie bei einem Großteil der katholischen Bevölkerung gefunden, besonders wenn er den Angriffen protestantischer Schlägertrupps zu begegnen verstand.“

Wir landeten an einem verregneten Mittwochnachmittag im Mai in Dublin. André war auf die Idee gekommen, einen Spaziergang durch Dublin zu unternehmen, über die Old Liffey hinüber zu Temple Bar und Molly Malone einen Besuch abstatten.

Barry’s Hotel, unsere Herberge für einige Tage, lag einen Steinwurf vom Writers Museum entfernt, welches wir jedoch trotz des anhaltenden Nieselregens nicht betreten sollten. Nachdem wir eingecheckt hatten – Barry’s war trotz der schweren roten Teppiche und Fliestapete im viktorianischen Stil schon etwas in die Jahre gekommen – erkundeten wir Dublin über die O’Connell Street südwärts. Nördlich der Liffey hatte sich das Stadtbild in den letzten Jahren herausgeputzt. Was vor einigen Jahren noch schäbig und heruntergekommen wirkte, wurde durch europäische Förderungen saniert und einer Runderneuerung unterzogen.

Doch wir ließen Custom House vorerst links liegen, bogen über die Abbey Street rechts ein und trafen an ihrem westlichen Ende auf den Fischmarkt. Seit dem Beitritt Dublins zur EU 1973 waren einige Jahre vergangen. Von den früheren sozialen und politischen Spannungen war auf den ersten Blick nicht viel zu spüren. Doch das soziale Gefälle war an jeder Straßenecke und vor jedem Geschäft zu fassen. Hier junge Mütter in langgetragenen Trainingsanzügen beim Einkauf, Kinder mit Zorn in den Gesichtern, viele Geschäfte geschlossen; dort Wachleute, die junge, angetrunkene Männer, Schnorrer und Kleinganoven aus den teuren Boutiquen rausschmissen. Niemand stieß sich daran, alles war normaler Zustand – für Dublin, für Irland.

Inn’s Quay, Ormond Quay. Über die Ha’penny Bridge querten wir die Liffey und ereichten das südliche Dublin. Früher teilte der Fluss den ärmeren Nordteil vom eher wohlhabenden Süden, der Southside. Heute ist der Unterschied bei erster Betrachtung nicht mehr so krass wie zu Zeiten Michael Collins’. Als der "keltische Tiger" in den 1990er Jahren zum wirtschaftlichen Sprung angesetzt hatte, nahm in seinem Schatten auch die Zuwandererwelle osteuropäischer Billigarbeiter zu. In den Kirchen begegneten uns immer wieder polnische oder rumänische Familien; hier betend, dort gemeinsam die Messe feiernd.

Temple Bar lag südlich der Liffey gleich hinter Wellington Quay. Das Temple Bar in frühen Zeiten nur ein schäbiges Altstadtviertel gewesen sein soll, ist nach über 125 Millionen investierten Euro nicht mehr zu erkennen. Temple Bar wurde zu Dublins Kultur- und Unterhaltungszentrum; die Pläne, hier ein Busdepot zu errichten, wurden nicht verwirklicht. Dublins Pubsegen findet hier seine heilige Krönung. In Temple Bar reihen sich Pubs und Restaurants eng aneinander und haben viele Beachtung in der Unplugged- und Künstlerszene.

Nachdem uns leichter Nieselregen in „The Temple Bar“ geleitet und wir unser erstes – wohlverdientes – Guinness genossen hatten, erweiterten wir unser Studienprogramm um den Punkt „Irish Pub“. Pubs gehören eindeutig zum Charakteristikum Dublins. Ursprünglich Arbeiterlokale, aufgrund des unsauberen Wassers galt Bier als Volksgetränk und die Kneipe aufgrund beengter Wohnverhältnisse als Stubenersatz, mauserten sich die Lokale und die ersten „Pub Lounges“ kamen ab 1870 auf. Und was liegt näher als geistreiche Getränke und Literatur. Nicht nur aufgrund der drei lokalen Literatur-Nobelpreisträger George Bernard Shaw, William Butler Yeates und Samuel Beckett, besitzt die Literatur in Dublin einen hohen Stellenwert. Doch die Zuneigung war nicht nur für die preisgekrönten Literaten einseitig. Dublin blieb für Yeats eine „blinde und ignorante Stadt“ und Shaw empfand nur „Verhöhnung und Herabwürdigung“. Der Dichter James Joyce wanderte nach Zürich ab, Oscar Wilde ebenso wie Becket nach Paris. Die „enge“ Atmosphäre Dublins verschaffte der Stadt einige bedeutende Dichter und Dramatiker, ebenso wie diese von hier flüchteten. Armer Oscar Wilde, ob seiner Scharfzüngigkeit im puritanischen England bewundert, wurde er später geschmäht und heute wieder gehuldigt. Auf dem Weg zu "Mulligans" statteten wir ihm im Merrion Square einen kurzen Besuch ab. Wenige Meter von hier wohnte Wilde früher.

„Dublin – heimelig wie ein Dorf und freundlich wie ein Pub“ preisen die lokalen Tourismus Manager. Die Wolken rissen auf und wir hatten uns an die leichten Regenschauen gewöhnt. Die Luft war rein und klar. Vorbei an Molly Malone und über die St.College Green statteten wir dem Trinity College einen Besuch ab – die Long Hall und das Book of Kells gehört neben den Pubs zum Pflichtprogramm. St. Patrick’s Cathedral, in welcher der „Gullivers Reisen“-Autor Jonathan Swift im frühen 18.Jahrhundert Dekan war, ist eine der Hauptkirchen der Protestanten. Dublin Castle und Old Jameson Distillery, Dublin Castle und Kilmainham Goal. Die Dubliner Höhepunkte sind etwas anders als in anderen Städten. Doch die irischen Rebellionen gegen das britische Empire prägen das irische Selbstverständnis und fanden meistens ihr Ende in den Gefängnissen der Krone. Bis auf Daniel O’Connell und den legendären Michael Collins waren fast alle bedeutenden irischen Führer in Kilmainham inhaftiert. Im Gefängnishof wurden nach dem Osteraufstand 1916 14 Rebellen von den Briten exekutiert, darunter der schwer verletzte James O’Connolly, den man für die Hinrichtung auf einem Stuhl festband.

Am folgenden Tag sparten wir das Guinness Storehouse aus und fuhren mit dem Bus hinüber zu Killiney Hill. Feine Einfamilienhäuser im mondänen viktorianischen Stil mit englischem Rasen und Palmen im weiten Garten reihen sich hier oberhalb der Küste. Wir erreichten Sandycove Point im strömenden Regen; bitter kalt wehten uns leichte Windböen entgegen und verdutzt verfolgten wir einen „Irish Sportsman“ der seine Bahnen durch die kalte See zog. Nun, nass waren wir auch inklusive unserer Wäsche. Wir ließen Dalkey Island links liegen und erklommen Dalkey Hill. Petrus schien inzwischen unsere klamme Lage bemerkt zu haben und drehte die Schleusen wieder zu. Einige hundert Meter weiter südlich liegt Killiney Hill, einer 1874 im Rahmen einer viktorianischen ABM angelegten Parkanlage. Die Aussicht auf Dublin, Killiney Bay und Dún Laoghaire war herrlich und als wir im Süden die Wicklow Mountains unter den tiefhängenden Wolken bemerkten, entschlossen wir uns zu einem Ausflug.

Wir buchten den nächsten Tag bei „Over The Top Tours“ und fanden uns in einem Ford Transit auf den vordersten Plätzen wieder. Barney war unser Fahrer und ein „Old Dubliner“, dem der Mutterwitz von der Nase abzulesen war und sich riesig freute, dass wir von Folkmusik nicht genug bekommen konnten. Wir pfiffen „Hoch auf dem Gold’nen Wagen“ und erreichten über Kilmacanoge durch den „Long Hill“ die Wicklow Mountains. Wir blickten in eine weite Landschaft, einsam, verlassen grün – und großartig. In der alten Klostersiedlung Glendalough blieben wir einige Stunden, erkundeten die historischen Überreste, die von der Zerstörung 1398 übrig geblieben waren und erreichten Dublin in den Abendstunden. Die Lungen voll frischer Luft, den knurrenden Magen und den großen Durst besänftigend, verbrachten wir unseren letzten Abend im Dirty Dicks.

Ha'Penny Bridge

Der Name der Brücke, die offiziell Liffey Bridge heißt, geht auf die Maut von einem halben Penny zurück, den man früher für das Überqueren zahlen musste.

Pubtime

Ein Aufenthalt in Dublin ist stark von Pubbesuchen geprägt. Die Höhepunkte sind schnell erkundet und ein Stadtbesuch bleibt dann meistens auf "Pubhobbing" beschränkt.

Dublin Pubs

Kein Pub ist wie der andere. Es gibt "genügend Trinkstätten, deren Dekor und Atmosphäre für "Dublin in the ol'rare days" stehen." Brazen Head gilt als ältester Pub der Stadt und "Muss" für Besucher. "The Duke" war Stützpunkt der Rebellen um Michael Collins und in "The Temple Bar" ist das Guinness aufgrund seines exponierten Standortes teurer als zwei Seitenstraßen weiter.

Glendalough

Die ehemalige Klostersiedlung war eine geistige und geistliche Stätte, in der mehrere tausend Mönche und Klosterschüler lebten. Die Anlage im "Tal der zwei Seen" mit ihrer tausendjährigen Kapelle St.Kevin's Kitchen gehört zu den vielbesuchten Orten in den Wicklow Mountains.