ITALIEN 4 von 4
ROM - EWIGE STADT UND VATIKAN, TIBER, MESSEN UND HOTELSTEUER
Canopus, Villa Adriana bei Tivoli

Kaiser Hadrian ließ die 120 Hektar große Anlage als Sommerresidenz und Altersruhesitz zwischen 118 und 134 n.Chr. anlegen. Das mit Bibliotheken, Thermalbädern und Gästehäusern ausgestattete Anwesen ist die größte und aufwendigste Villa, die je ein römischer Kaiser erbauen ließ.

Am bekanntesten sind der mit Wand- und Deckenheizung ausgestattete Heliocaminus, der Canopus: ein Nachbau eines Kanals, der die ägyptische Stadt Canopus mit Alexandria verband sowie das Teatro Marittimo, ein rundes Becken mit einer Insel in der Mitte, die man über zwei Drehbrücken erreichen konnte.

Die Palastanlage hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der Gartenkunst und war Vorbild zahlreicher barocker Gartenanlagen.

Presselandschaft

Wenige Monate nach Ausrufung des Königreiches Italien erschien die erste Ausgabe der Vatikanzeitschrift "L'Osservatore Romano" am 01.Juli 1861. Die deutsche Redaktion nahm im Oktober 1971 ihre Arbeit für die wöchentlich erscheinende Ausgabe auf.

"Viele Wege führen nach Rom“ heißt es. Doch führen noch mehr daran vorbei. Ich hatte auf meiner letzten Reise bewusst den Weg in die ewige Stadt vermieden, da ich mich dem Pantheon, Forum Romanum und der Engelsburg länger widmen wollte. Während Johann Wolfgang von Goethe 1786 mehrere Wochen am Tiber blieb, reduzierte ich meinen Aufenthalt auf einige Tage um Silvester. Es war nicht viel, um alle Straße zwischen der Villa Borghese und der Via Appia kennen zu lernen, doch es genügte für eine kurze Bestandsaufnahme.

„Rom, den 7. November. Nun bin ich sieben Tage hier, und nach und nach tritt in meiner Seele der allgemeine Begriff dieser Stadt hervor. Wir gehn fleißig hin und wider, ich mache mir die Plane des alten und neuen Roms bekannt, betrachte die Ruinen, die Gebäude, besuche ein und die andere Villa, die größten Merkwürdigkeiten werden ganz langsam behandelt, ich tue nur die Augen auf und seh' und geh' und komme wieder, denn man kann sich nur in Rom auf Rom vorbereiten. Gestehen wir jedoch, es ist ein saures und trauriges Geschäft, das alte Rom aus dem neuen herauszuklauben, aber man muß es denn doch tun und zuletzt eine unschätzbare Befriedigung hoffen. Man trifft Spuren einer Herrlichkeit und einer Zerstörung, die beide über unsere Begriffe gehen. Was die Barbaren stehenließen, haben die Baumeister des neuen Roms verwüstet. Wenn man so eine Existenz ansieht, die zweitausend Jahre und darüber alt ist, durch den Wechsel der Zeiten so mannigfaltig und vom Grund aus verändert und doch noch derselbe Boden, derselbe Berg, ja oft dieselbe Säule und Mauer, und im Volke noch die Spuren des alten Charakters, so wird man ein Mitgenosse der großen Ratschlüsse des Schicksals, und so wird es dem Betrachter von Anfang schwer, zu entwickeln, wie Rom auf Rom folgt, und nicht allein das neue auf das alte, sondern die verschiedenen Epochen des alten und neuen selbst aufeinander. Ich suche nur erst selbst die halbverdeckten Punkte herauszufühlen, dann lassen sich erst die schönen Vorarbeiten recht vollständig nutzen; denn seit dem funfzehnten Jahrhundert bis auf unsere Tage haben sich treffliche Künstler und Gelehrte mit diesen Gegenständen ihr ganzes Leben durch beschäftigt.“ (J.W.v.Goethe, Italienische Reise)

Ich traf auf eine Gruppe kulturinteressierter Reisender, die das Standartprogramm Antike, Vatikan, Barock gebucht hatte. Rom hatte sich seit den Tagen Fellinis und Audrey Hepburns stark verändert. Die Romantik der Liebeskomödie „Ein Herz und eine Krone“ von 1953 musste Berlusconi, Studentenprotesten und römischen Touristennepp weichen. Die Medienmacht lag in den Händen des Medienmoguls und Milliardärs Silvio Berlusconi, der seinem Land eine dramatische Schuldenlast aufbürdete und das Vertrauen in Italiens Politik durch zahlreiche Korruptions- und Sexskandale erschütterte. In Rom müssen Polizisten gegen als Gladiatoren verkleidete Männer vorgehen, „die von Touristen horrende Summen für Fotos verlangen und andere Reiseführer vom Platz verdrängen“ berichtete selbst Spiegel-Online über das römische Theater.

Selbst Asterix und Obelix wussten schon, das die Römer spinnen. Goethe hingegen fand „Man müßte mit tausend Griffeln schreiben, was soll hier eine Feder! und dann ist man abends müde und erschöpft vom Schauen und Staunen.“ Ich hatte den etwas anderen Reiseführer von Ray Laurence parat, der die Sehenswürdigkeiten der Tiberstadt um etwa 300 n.Chr. beschrieb. Die Kaiser Diokletian und Maximian regieren das riesige Römische Reich, welches erst einige Jahre zuvor in eine West- und eine Osthälfte geteilt wurde. Alle Wege führen nach Rom, die Stadt, die mit etwa einer Million Einwohnern die größte Stadt des Reiches ist. Das  Christentum muss erst noch anerkannt werden, aber die Stadt der Städte bietet seinen Besuchern eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten. Wäre der Massentourismus bereits im Jahr 300 erfunden worden, so wäre der Reiseführer von Ray Laurence das Standartwerk. „Sobald Sie Ihre Unterkunft in der Stadt bezogen haben, sollten Sie sich bei einem der beiden vicomagistri (Verwalter) Ihres vicus (Stadtbezirks) melden. Diese findet man an den lokalen Altären, die häufig an den großen Wegkreuzungen liegen. Hier ist auch der allgemeine Treffpunkt, an dem man den neuesten Klatsch und Tratsch hören kann. Die Einwohner sind an Besucher und den unaufhörlichen Strom von Zuwanderern in die Stadt gewöhnt, deshalb werden Sie kein besonders großes Aufsehen erregen.“ Stars und Sternchen der Antike. Was ist in? Welche Mode und welcher Schmuck sind im Jahr 300 angesagt? Worauf ist beim Kauf von römischen Andenken zu achten? Der Leser findet sich im Alltag der Stadt wieder und erhält nützliche Tipps zu Anreise, Unterkunft, Küche oder Einkaufsmöglichkeiten.

„Ein besonders spannendes Erlebnis ist es, zusammen mit 250 000 anderen Zuschauern im Circus Maximus einem Wagenrennen zuzuschauen. Sie können auf einen Fahrer oder die Farbe Ihrer Wahl wetten, sich unter die Einheimischen mischen und sogar mit anderen Zuschauern flirten. Sie werden die fähigsten Wagenlenker sehen, die schnellsten Pferde und die grösste Menschenansammlung der Welt. Eine wahrlich unvergessliche Erfahrung! Im Circus Maximus wird die Sitzordnung weniger streng kontrolliert als in den Theatern und Amphitheatern; sowohl Männer und Frauen als auch Menschen unterschiedlichen Standes können zusammensitzen. Alle sind leidenschaftlich bei der Sache. Es gibt vier Teams, erkennbar an der Farbe: Die Roten, Blauen, Grünen und Weißen. Die Veranstaltung beginnt früh am Morgen mit einer Prozession mit Götterbildern, gefolgt von den Wagenlenkern. Das erste Rennen ist oft das spannendste, da hier nur erfahrene Wagenlenker aufeinandertreffen.“ Einen Satz sollte man dabei immer parat haben, wenn man alleine unterwegs ist: Non rape me si placet! – Bitte berauben Sie mich nicht! Eine unterhaltsame Kulturgeschichte des alten Rom, nach der man sich umgehend Tunika und Sandalen anziehen möchte.

Ich begnügte mich mit den wenigen mir bekannten Worten der ehemaligen Vulgärsprache, bestellte mir einen Cafe auf italienisch und war froh, aufgrund der kühlen Jahreszeit auf die dünne Sommerkleidung verzichtet zu haben. Das positive an der Sache war, dass die ungeheuerlichen Massen an Touristen fehlten und die Wege durch die italienische Metropole bekömmlicher machten. Während in den Kirchen die Gottesdienste im Stundentakt abgehalten wurden, saßen auf den Türschwellen junge Frauen mit Kindern und bettelten um einige Euro.

„Ich ging mit Tischbein nach dem Petersplatze, wo wir erst auf und ab gehend und, wenn es uns zu warm wurde, im Schatten des großen Obelisks, der eben für zwei breit genug geworfen wird, spazierten und Trauben verzehrten, die wir in der Nähe gekauft hatten. Dann gingen wir in die Sixtinische Kapelle, die wir auch hell und heiter, die Gemälde wohlerleuchtet fanden. Das »Jüngste Gericht« und die mannigfaltigen Gemälde der Decke, von Michelangelo, teilten unsere Bewunderung. Ich konnte nur sehen und anstaunen. Die innere Sicherheit und Männlichkeit des Meisters, seine Großheit geht über allen Ausdruck. Nachdem wir alles wieder und wieder gesehen, verließen wir dieses Heiligtum und gingen nach der Peterskirche, die von dem heitern Himmel das schönste Licht empfing und in allen Teilen hell und klar erschien. Wir ergötzten uns als genießende Menschen an der Größe und der Pracht, ohne durch allzu eklen und zu verständigen Geschmack uns diesmal irremachen zu lassen, und unterdrückten jedes schärfere Urteil. Wir erfreuten uns des Erfreulichen.“ (J.W.v.Goethe, Italienische Reise)

Wir verbrachten den Silvesterabend in einer kleinen beschauliche Pinte, deren Wände wie in vergangenen Zeiten von Schriftzügen bemalt waren. Das traditionelle italienische Silvesterdinner sah nur drei Dinge vor. Essen, essen, essen. Es wurde ein netter Abend mit netten Gesprächen, essen und trinken. Nur das Feuerwerk fand nicht statt. Aber wirklich vermisste die Knallerei auch niemand.

Ich verpasste aus der Sixtinischen Kapelle kommend den Weg in den Petersdom und stand plötzlich jenseits der Absperrungen auf dem Petersplatz. Da kein Weg zurückführte, erfreute ich mich an den wärmenden Sonnenstrahlen, winkte in Richtung der Zimmer Papst Benedikts XVI. und verfolgte das Treiben der Besucher auf dem Petersplatz. In den nahen Läden drängten sich Rosenkränze, Madonnenfiguren und unzählige Kreuze mit Jesus in Holz, Gips und Metall zum Verkauf. An der spanischen Treppe, die nach den Aussagen eines Reiseleiters überbewertet wird, sammelten sich einige uniformierte Musikanten zum Neujahrsständchen. Während ich dank Silvio Berlusconi die Einführung der italienischen Bettensteuer hautnah miterleben durfte, fand Goethe während seiner Italienreise zu seiner schöpferischen Hochform zurück. Ich sollte mit neuen kulturellen Eindrücken vollgepackt in den folgenden Monaten einige böse Überraschungen erleben. Doch das ist eine andere Reportage wert.

„Daß ich auch einmal wieder von kirchlichen Dingen rede, so will ich erzählen, daß wir die Christnacht herumschwärmten und die Kirchen besuchten, wo Funktionen gehalten werden. Eine besonders ist sehr besucht, deren Orgel und Musik überhaupt so eingerichtet ist, daß zu einer Pastoral-Musik nichts an Klängen abgeht, weder die Schalmeien der Hirten, noch das Zwitschern der Vögel, noch das Blöken der Schafe. Am ersten Christfeste sah ich den Papst und die ganze Klerisei in der Peterskirche, da er zum Teil vor dem Thron, zum Teil vom Thron herab das Hochamt hielt. Es ist ein einziges Schauspiel in seiner Art, prächtig und würdig genug, ich bin aber im protestantischen Diogenismus so alt geworden, daß mir diese Herrlichkeit mehr nimmt als gibt; ich möchte auch wie mein frommer Vorfahre zu diesen geistlichen Weltüberwindern sagen: »Verdeckt mir doch nicht die Sonne höherer Kunst und reiner Menschheit.« Heute, als am Dreikönigsfeste, habe ich die Messe nach griechischem Ritus vortragen sehen und hören. Die Zeremonien scheinen mir stattlicher, strenger, nachdenklicher und doch populärer als die lateinischen. Auch da hab' ich wieder gefühlt, daß ich für alles zu alt bin, nur fürs Wahre nicht. Ihre Zeremonien und Opern, ihre Umgänge und Ballette, es fließt alles wie Wasser von einem Wachstuchmantel an mir herunter. Eine Wirkung der Natur hingegen wie der Sonnenuntergang, von Villa Madama gesehen, ein Werk der Kunst wie die viel verehrte Juno machen tiefen und bleibenden Eindruck.“ (J.W.v.Goethe, Italienische Reise)

Forum Romanum

Zwischen den Trümmern des römischen Imperiums grasten über Jahrhunderte Ziegen und Schafen.

Römer 2010

Das Erbe der ehemaligen Weltmacht halten heute zahlreiche Statisten aufrecht, die sich mit den Touristen für einige Euros fotografieren lassen.

Engelsburg

Das ursprünglich als Mausoleum für Kaiser Hadrian errichtete Bauwerk wurde ab dem 10.Jahrhundert als Schutzfestung der Päpste genutzt.

Tiber und Vatikan

Antik, Barock und Katholisch. Mehr als drei Millionen Touristen besuchen jährlich Rom und den Vatikan.

Straßenszene

Die zahlreichen Obdachlosen prägen das Stadtbild Roms (hier an der Basilica di Sant'Andrea delle Fratte). Oft werden jedoch die jungen Frauen mit ihren Kindern durch ihre Clans zum Betteln gezwungen.

Monte Cassino

Die Schlacht um Monte Cassino 1944 gehört zu den blutigsten des Zweiten Weltkrieges.