KANADA - DER WESTEN 2 von 2
ROCKY MOUNTAINS, BÄR UND ADLER, VANCOUVER UND VANCOUVER ISLAND
Moraine Lake - Banff National Park

Der erste, schönste und vielleicht auch berühmteste der kanadischen Nationalparks bietet mit seinen smaragdgrünen Seen, großen Wäldern, reißenden Flüssen und majestätischen, schneebedeckten Bergen all das, was man in den kanadischen Rockies erwartet. Die Besuchermassen in Banff Townsite täuschen darüber hinweg, dass die 6.641 Quadratkilometer des Parks fast nur aus unverfälschter Wildnis bestehen. Nur einen sehr begrenzten Teil durchziehen Straßen und dennoch bedarf es eines ganzen Menschenlebens, um alle Wanderwege, Berge, Flüsse und Täler zu erkunden.

"Bear in Area" Schilder warnen überall auf das direkte Zusammentreffen mit Schwarzbären oder Grizzlys. Am Campground vom Lake Minnewanka werde ich gewarnt, dass erst einen Tag zuvor ein Grizzly in der Gegend beobachtet wurde. Meine Lebensmittel verstaue ich vorsorglich, wie auch an allen Tagen, im Auto. Auf Kuscheln mit Grizz verspüre ich wenig Lust.

Cariboo Goldrausch

1858 begann der Stampede zu den Goldfeldern des Cariboo County. Von Vancouver zogen sie über die Strait of Georgia oder den Frazer River nordwärts zu den Goldfeldern. Viele schafften es nicht, manche vielen den Indianern zum Opfer. Das Stampede ließ sich jecoh nicht aufhalten. Heute erinnern restaurierte Goldgräberstädte wie Barkerville an jene Zeiten.

Hudson's Bay Company: July 1828: Sunday, 20th Fine day – Indians passing up by Hundreds, An Indian brought 8 Skins to get 2 Blankets, And he being two Skins Short he was offered one Blanked with other things, but nothing would answer. He went off with his Skins great numbers about the fort all day

Monday, 21st The weather fine – At noon a Strong breeze up the river as usual in dry weather, Fagnaint Cutting doors in the upper Stories of the Bastions in order to get into them from the Gallery – Indians about in great numbers – Some of them rather Saucy - Trade 5 Beaver & otter, Some other Skins were offered but not agreeing about the price they took them off

Tuesday 22cd Fine weather. The men at work as yesterday – Indians passing up by hundreds. No trade

Wednesday 23rd Cloudy thick weather – Indians Still going up. They have an Od Skin but unless he has the means of purchasing a Blanket nothing else will please. Trade 8 Beaver Skins – They now begin to menace us with the Clalams

Der Name Hudson’s Bay Company zieht sich wie ein roter Fadendurch Kanadas Geschichte. Abgelegene Außenposten der Gesellschaft legten den Grundstein für zahlreiche moderne Städte und Gemeinden; ihre Vertreter regierten als Vertreter der englischen Krone über 200 Jahre lang weite Teile des Landes. Heute ist die Hudson’s Bay Company die älteste in Noramerika noch tätige Firma. Außerdem ist sie Kanadas größte Handelsgesellschaft und eine der größten Immobiliengesellschaften des Landes. Fort Langley, etwa 40 Kilometer östlich von Vancouver am Ufer des Frazer Rivers, ist einer der historischen Handelsposten der Company. Das Fort diente als Posten für den Handel mit der indianischen Bevölkerung, als Warenlager und Verteilzentrum der HBC sowie als strategische Station auf der ersten Route vom Pazifik ins Landesinnere. 1858 wird in Fort Langley British Columbia zur Kolonie erklärt, 1923 das Fort zur nationalen historischen Stätte.

Doch noch war ich nicht in Fort Langley, noch nicht am Ende meiner Reise angekommen. In Dawson Creek habe ich Probleme mit meiner Kamera, die nicht mehr richtig auslösen will. Ein gutes, altertümlich anmutendes Stück, eine Minolta, die mich bisher noch nie im Stich gelassen hatte. Doch Kanada scheint ihr nicht zu bekommen. Die Symptome sind schnell geheilt, noch in dem kleinen Kaff am Alaska Highway und ich biege nach Chetwynd ab, folge dem Highway 97 wieder Richtung Süden. Die Landschaft bleibt einsam und eintönig, ein welliges, immergrünes Meer von Fichten erstreckt sich bis zum Horizont. Kurz vor Prince George treffe ich zum ersten Mal auf den Fraser River, der mich in den nächsten Tagen Richtung Süden begleiten wird. Prince George ist das Zentrum im dünnbesiedelten Norden von British Columbia und, entgegen dem Fraser, für mich keinen Stop wert.  

Der Fraser, was für ein Fluss, was ein Mythos. 1858 kam es zum Fraser-Goldrausch, der auf den kalifornischen Goldfeldern für ein neues Fieber sorgte. Innerhalb eines Monats fielen 30.000 Menschen in Victoria ein, das bisher gerade einmal 500 Einwohner gehabt hatte. Im Herbst des Jahres waren bereits Zehntausende, die es - teilweise aufgrund des sommerlichen Hochwassers auf dem Fraser - nicht geschafft hatten, einen claim abzustecken, überzeugt einer Ente aufgesessen zu sein, und viele kehrten nach San Franzisco zurück. Der 1861 einsetzende Goldrausch im Cariboo brachte rund 100.000 Menschen in das abgelegene Gebiet. Dabei entwickelte sich Vancouver zu einem zentralen Sammelplatz für Goldsucher aus Kalifornien, die per Schiff stromaufwärts bis Yale fuhren. Mit Bekanntwerden der Goldfunde, verstärkt durch neue Funde am William's Creek (1862), wälzte sich ein Strom von Goldsuchern nordwärts. William "Billy" Barker war einer der ersten erfolgreichen Goldsucher im Cariboo-Gebiet und so entstanden neue Orte wie das nach ihm benannte Barkerville. Viele der Goldsucher, die noch drei Jahre vorher dem Fraser-Canyon-Goldrausch zwischen Lilloet und Yale gefolgt waren, zogen nun weiter über die Cariboo Road nordwärts. Tausende kamen auf dem Landweg, tausende den Frazer River stromaufwärts, 1864 kam es zum Chilcotin-Krieg mit den heimischen Indianern.

In Quesnel bog ich ostwärts nach Barkerville ab, um den Spuren der alten Goldgräber zu folgen. 1862 errichtete desertierte der Seemann William Barker aus Cambridgeshire von seinem Schiff in Victoria, schloss sich dem Treck der Argonauten an – wie sich die Goldsucher nannten -  und errichtete am Williams Creek das vermeintliche Eldorado. Die meisten Claims waren jedoch 1862 abgesteckt und so halfen Billy Barker nur die Tugenden eines Bergmannes: Fleiß, Zähigkeit, Ausdauer bis hin zum dickköpfigen Glauben an das Glück. „Er grub und grub und wurde fündig – über eine halbe Million Nuggets in Goldstaub. Es dauerte nur Wochen und es schossen Bauwerke am Claims Barkers wie Pilze aus dem Boden: Pferdeställe, Schmieden, Bäckereien, Hotels, Brauereien und Saloons, in denen Spieler, Bartender, Tanzmädchen und Spekulanten lauerten, um den Diggern ihren Reichtum wieder abzuluchsen. Billy Barker, der Mann aus Cambridgeshire schwamm auf eine Woge der Seligkeit. Weihnachten 1862 fasste der den fatalen Entschluss, in Victoria zu heiraten. Die blutjunge Witwe Elisabeth Collyer schaffte binnen kurzem, was die Landhaie und Girls von Barkerville nicht geschafft hatten: Sie machte Billy wieder zu einem armen Schlucker. Getreu dem Motto „Hast Du Geld, bist Du ein Held, hast Du keins, pack Dich eins!“, schickte ihn die Dame zum Teufel. 75jährig starb Barker in einem Armenasyl. Nach und nach erschöpften sich die Goldvorkommen und Barkerville verkam zur Geisterstadt bis die Provinzregierung 1958 ein umfangreiches Restaurierungs- und Wiederaufbauprogramm beschloss und die alte Goldgräberstadt im alten Glanz wieder erstehen ließ.“ So traf ich auf meinem kleinen Umweg auf Macphersons Uhrmacherladen, mit einer guten Auswahl an Schmuck und Uhren aus den 1870er Jahren, den Naturheilkundler Lai Soy Lum und erlebte den Brand vom September 1868 erneut. Am Geschäft des deutschstämmigen Schuhmachers Louis Wilde hing noch ein Plakat des deutschen Generals Moltke.

Ich folgte dem Gold Rush Trail in entgegengesetzter Richtung, fand am Williams Lake einen der schönsten Zeltplätze, passierte das 100 Miles House, das 70 Miles House, mehrere Indianerreservate und war letztlich froh, als ich bei Lilloet das trockene Cariboo County hinter mich lassen konnte. Hells Gate war meine letzte Station an diesem Tag, bevor ich mir in Yale eine Übernachtung suchte. Die alte Goldgräberstadt, zu ihren besten Zeiten mit 20.000 Einwohnern eine der größten Städte Nordamerikas, hatte ebendiese Zeiten schon wieder längst hinter sich, schwelgte wie eine alte Dame in alten Erinnerungen und hielt neben andern James Robertson seit dem Dezember 1892 auf ihrem kleinen Friedhof.

Hinter Haig überquerte ich den Fraser, beobachtete die zahllosen Lachsfischer und machte kurze Pause in Hope. Die Kleinstadt und ihre Umgebung dienten 1982 der Rambo-Verfilmung als Kulisse. Bei Harrison Hot Springs fragte ich einen jungen Indianer nach dem Weg. Mit seinen grünen Haaren erinnerte er mich eher an einen Punk als an einen der First Nations und da er den Weg auch nicht kannte, hielt ich mich an meinen eigenen Spürsinn und steuerte auch richtig White Rock hinüber.

„Kanada zu erschaffen war leicht, doch das Land mit Kanadiern zu füllen, schwierig. Zuerst wurden Siedler mit dem Versprechen von freiem Land gelockt, wofür ein breiter Streifen von der Hudson’s Bay Company gekauft wurde. Dieses Land war  jedoch schon von Einheimischen und Mestizen besiedelt, die rebellierten und immer wieder aufbegehrten. Während die Bevölkerungsdichte Kanadas im 20.Jahrhundert durch einwanderer weiter anstieg, kämpfte das Land um eine eigene, sich von England und den USA unterscheidende nationale Identität, trotz der separatistischen Neigungen seiner französisch sprechenden Bevölkerung.“

Die Fähre nach Vancouver Island spie mich am frühen Nachmittag in Nanaimo wieder aus. Ich folgte dem Highway 19 nach Norden. In Port Hardy war (fast) der nördlichste Punkt. Von dort ging es nur noch mit der Fähre weiter – eine beliebte Touristenstrecke über die Queen Charlotte Sound. Ich wand mich wieder Richtung Süden. Von Telegraph Cove aus, einem kleinen Fischernest mit modernen Bauvorhaben, buchte ich eine Wal-Tour. Orcinus Orca, der Killerwal, zog in einer kleinen Gruppe an unserem Boot vorbei und spielte im letzten Tageslicht. Ein stattliches Männchen tauchte etwa drei Meter vor dem Bug in meiner unmittelbaren Nähe auf, blies laut und unmittelbar ab und verschwand wieder unter Wasser. Langsam verschwand die Sonne in einem roten Mantel hinter den Bergen, senkte ihre letzten Strahlen über die Strait of Georgia und wir fuhren nach Telegraph Cove zurück.

Chemainus mit seinen Murals, der MacMillan Provincial Park mit mehr als 800 Jahre alten Douglasien und Zedern, Weißkopfseeadler und Schwarzbären bei Tofino am Pacific Rim N.P.. Am Ende der Straße stand das königliche Victoria. 1843 als Handelsposten der HBC gegründet, ist die Stadt heute eine reiche, elegante Dame mit mildem Klima, die als Alters- und Zweitwohnsitz sehr beliebt ist.

Wieder zurück auf dem Festland fuhr ich bis nach Whistler, wo die Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele 2010 in vollem Gange waren. Vancouver ist eine neue, erquickende Stadt, jung, dynamisch und beruhigend gelassen zugleich. Nur wenige Städte können sich mit der prachtvollen Lage messen oder seiner eleganten Innenstadt, umgeben vom Pazifik und den schneebedeckten Gipfeln der Coast Mountains. Meine letzten Schritte treiben mich hinüber zum Fort Langley, dem alten Handelsposten der HBC.

„Es ist unmöglich,“ schrieb John Buchan, Generalgouverneur von Kanada in den 1930er Jahren, „das Land zu beschreiben, denn sein Maßstab liegt außerhalb dem der Menschheit.“

Let me be your teddybear

Begegnungen mit Bären sind selten, jedoch nicht ausgeschlossen. Doch ist ein Zusammentreffen mit einem Grizzly nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ausflüge in den Nationalparks sind ausschließlich in Gruppen und Information an die Parkleitung erlaubt.

Athabasca Gletscher

Das Columbia Icefield liegt am Icefield Parkway, dem Highway 93. "Snocoach" bietet Touren mit Führer zum größten Gletscherfeld der Rockies. Der Rückgang des Gletschers ist so erschütternd wie er auch dokumentiert wird. Schilder mit Jahreszahlen, etliche hundert Meter vor der Gletscherzunge dokumetieren das unaufhaltsame Schmelzen.

Icefield Parkway

Die in den 1930er Jahren erbaute, heute zu den schönsten Strecken Kanadas gehörende Panoramastraße, führt auf 230 Kilomeern von Lake Louise nach Jasper, durch spektakuläre Landschaften, schwindelerregende Bergpässe, zahllose Wälder und Seen und - eben - eines der größten Gletscherfelder Nordamerikas.

Chemainus - Murals

Das durch die Schließung eines der größten Sägewerke der Welt kurz vor dem Ruin stehende Dorf fand die Wende 1983 mit den Murals. Seitdem ziehen die zahlreichen und preisgekrönten Wandgemälde Touristen und Interessierte an.

Whale Watching

In der fischreichen Strait of Georgia zwischen Vancouver Island und dem kanadischen Festland stehen Waltouren auf dem Programm. Besonders die in kleinen Herden auftretenden Orcas sind gut zu beobachten.