SAALE - NIENBURG BIS ROSENBURG

Nienburg

Die Stadt an der Saale findet erstmals 961 in einer der Gründungsurkunden des Klosters Gernrode Erwähnung. Um das Jahr 970 berichtet der aus dem muslimischen Teil Spaniens stammende Kaufmann Ibrahim ibn Jaqub über den Ort Núb Gh.rád: „Diese Burg ist aus Stein gebaut und liegt ebenfalls an dem Fluss S.láwa und in diesen fällt der Fluss Búda“. Um die Christianisierung an der Grenze zum slawischen Siedlungsgebiet effektiver zu gestalten, wird 975 eine vom Kölner Erzbischof Gero und seinem Bruder Thietmar im Harz gegründete Benediktinerabteil nach Nienburg verlegt. Diese entwickelt sich in den folgenden Jahren zu einem der reichsten Klöster im mitteldeutschen Raum und besitzt durch zahlreiche Schenkungen deutscher Kaiser Land zwischen Harz und Lausitz.

In Gegenwart Kaiser Heinrichs II. wird 1004 die Klosterkirche eingeweiht. 1035, Ferdinand I. erobert Coimbra und zwingt die Muslime von Toledo, Sevilla und Badajoz zu Tributzahlungen, wird Nienburg das Markt- und Münzrecht verliehen. 15 Jahre später brennt die Basilika der Ottonenzeit nieder; von der 1060 erneuerten Kirche sind heute nur noch Reste der Krypta und des romanischen Fußbodens erhalten. Den Bränden von 1242 und 1280 geschuldet, wird 1082 eine Basilika im frühgotischen Stil gebaut. 1166 fällt das Reichskloster mit Zustimmung des Markgrafen Albrecht des Bären an das Erzbistum Magdeburg. 1242, Alexander Jaroslawitsch Newski besiegt auf dem zugefrorenen Peipussee den Deutschen Orden, läßt Markgraf Otto Stadt und Kloster niederbrennen.

Während der Bauernunruhen 1525 flieht der Konvent vor den aufgebrachten Bauern, Leibeigenen, Frönern. 1563 wird das Kloster aufgelöst und Besitz der askanischen Fürsten. Einhundert Jahre später fällt der Dreißigjährige Krieg auch in die Saalestadt ein, Land und Menschen verwildern und die überleben, wähnen das Ende der Welt nahe. In dem Ende des 17.Jahrhunderts zu einem Schloss umgebauten Klausurgebäude lässt 1690 Fürstin Anna Eleonore von Anhalt einen Witwensitz für Fürstendamen aus dem anhaltinisch-köthener Geschlecht einrichten, der jedoch schon 1709 von einer Bewohnerin in Brand gesteckt wird.

Im September 1825 wird eine Hängebrücke über die Saale dem Verkehr übergeben, welche jedoch den Tod in sich trägt. An Nikolaus des selben Jahres überqueren bei einem Fackelzug etwa 250 Menschen im Takt der Blasmusik die Saale, wobei die Brücke in Schwingung gerät, zerbricht und 55 Menschen in den Tod reißt. Ab 1850 siedeln sich Zuckerfabriken und Metallbaubetriebe, Werften, eine Malzfabrik und ein Zementwerk in Nienburg an. Die Einwohnerzahl wächst innerhalb eines Jahrhunderts rapide von etwa 1000 Seelen auf 7500 im Jahre 1900 an. Mit der Industrie entwickelt sich auch die Schifffahrt. Zahlreiche Vereine werden in den folgenden Jahren gegründet: 1844 der "Verein der Nienburger Schiffsleute", 1860 der "Vorschuß-Verein zu Nienburg", 1893 der "Schiffsversicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit zu Nienburg", 1896 der Schifferverein "Eintracht", vier Jahre später "Freya", 1906 der "Germania-Verband" und 1912 "Vorwärts". Eine erste Schiffswerft entsteht 1874, 1900 eine weitere und 1893 öffnet die erste Schifferberufsschule an der Saale ihre Türen. Um 1870 wird der Weinanbau am Südhang vor der Stadt endgültig aufgegeben und lediglich die Straße "Am Weinberg" erinnert an die 900jährige Tradition.

Am Abend des 12. April 1945 nehmen die Amerikaner die Stadt ein, nachdem die SS am späten Nachmittag die Saalebrücke gesprengt hatte, ziehen sich gemäß den Verhandlungen von Jalta in den Westsektor zurück und übergeben Nienburg am 01.Juli der sowjetischen Armee.

Wedlitz (Wispitz)

951 tauchen die Orte Wedlitz und Wispitz erstmals schriftlich im „Codec Diplimaticus Anhaltinus“ mit ihren slawischen Bezeichnungen Uuitouulici und Uvissepici auf. Viel Wasser fließt in den folgenden Jahrhunderten die Saale hinunter, bis 1377 ein Streit um Weideland zwischen den Bauern von Wedlitz und Jesar durch Kaiser Otto III. geschlichtet wird und Erwähnung in den Urkunden findet. Zwei Jahrhunderte, zahlreiche Geburten und Todesfälle und eine Reformation später, sorgen sich die Pfarrer des Sprengels um ihre auf Pergament geschriebenen Kirchbücher, die ab 1597 erhalten bleiben. Die ehemals romanische Wehrkirche von Wedlitz wird im neogotischen Stil neu konstruiert und nach dreijähriger Bauzeit 1867 eingeweiht.

Immer wieder verwüsten verheerende Hochwasser die Orte, bringen Häuser zum Einsturz, gefährden Mensch und Vieh. Die Liste der Überschwemmungen ist lang: 1320, 1330, 1465 und 1495, 1709, 1752, 1799, 1830, 1845 und 1881. Im Winter 1946/47 ist die Saale so stark gefroren, das auf ihr Ackerwagen fahren können.

Das Wispitzer Gotteshaus, welches nach seiner Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg 1684 wiederaufgebaut wurde, erhält 1893 eine Update und ist heute mit seinem schiefergedecktem Turm das Wahrzeichen des kleinen Ortes.

Grimschleben

Das Großsteingrab von Grimschleben wird auf etwa eintausenvierhundert Jahre geschätzt. Die Vermutungen, wer hier bestattet ist, gehen auseinander. Einerseits soll der Wettiner Stammvater Budciko hier bestattet sein, anderseits der thüringische Ritter Ihring, der vom letzten Thüringerkönig Irmenfried zum Träger des Königsschwertes ernannt wurde.

Calbe

In einer Urkunde von 936, Otto I. wird als Nachfolger seines Vaters Heinrich I. in Aachen zum König des Ostfrankenreiches gekrönt, wird caluo erstmals schriftlich erwähnt. 968 fällt der kaiserliche Burgbezirk an das Erzbistum Magdeburg. Im heutigen Ortsteil Gottesgnaden, auf einer kleinen Anhöhe am gegenüberliegenden Saaleufer, wird 1131 das Prämonstratenserklosters "Gratia Dei" – Gnade Gottes – gegründet. 1160 bestätigt Erzbischof Wichmann das Marktrecht in Calbe. Doch Anfang November 1179 lässt Heinrich der Löwe aus Rache für die Belagerung von Haldensleben durch Erzbischof Wichmann den Ort niederbrennen.

Erzbischof Burchard III. von Schraplau lässt 1314 das erste Schloß von Calbe bauen. Zwei Generationen später, 1363, erfolgt der Neubau des zwischenzeitlich zerstörten Schlosses durch Erzbischof Dietrich von Portitz, welches für die kommenden Jahrhunderte Nebenresidenz der Magdeburger Erzbischöfe mit Archiv, Reliquien und Magdeburger Domschatz wird. Dietrich lässt um 1365 auch die Stadt nach Westen hin erweitern und mit Türmen, Toren und Mauern befestigen. 1439, der Hansisch-Niederländische Krieg wird als beiderseitiger Kaperkrieg fortgesetzt, schließen sich die Fischer von Calbe zu einer Brüderschaft zusammen, deren Satzung vom Erzbischof bestätigt wird.

Der gute Ackerboden und die ideale Lage begünstigen die Entwicklung der Ortschaft. Im 16.Jahrhundert spezialisieren sich die Ackerbürger auf den Gemüseanbau, dessen Tradition allen Widrigkeiten zum Trotz bis heute anhält. Calbe wird Spezialist für den Zwiebelanbau und macht „Bollen-Calbe“ über seinen regionalen Grenzen hinaus bekannt. Der Dreißigjährige Krieg macht auch um die Saalestadt keinen Bogen. Am 22.September 1630 stürmen und brandschatzen kaiserliche Truppen unter General Viermond den Ort; 1636 plündern sich die Schweden durch Calbe und zerstören unter anderen die Saalebrücke nach Gottesgnaden, die nie wiederaufgebaut wird.

Nach den großen Verwüstungen fehlt es im Reich an allem und in der Stadt entwickeln sich Weberei und Tuchmachergewerbe. 1662 werden die ersten vier Tuchmacher registriert, 1687 auf kaiserliche Anordnung sieben Pfälzer Tuchmacher angesiedelt. 1680 fallen Mensch, Vieh und Siedlung an das Kurfürstentum Brandenburg. Nach der preußischen Niederlage von 1806 wird Calbe von den Franzosen besetzt und dem Königreich Westphalen zugeordnet. Nach den Wiener Verträgen wird Calbe 1815 wieder preußisch und Kreisstadt, die es bis 1950 bleibt.

In Calbe wird sich die industrielle Revolution besonders tief einprägen. Während das Jahr 1848 europaweit voll revolutionärer Unruhen ist, bricht in Kalifornien der Goldrausch aus und werden um Calbe verschiedene Braunkohlenschächte erschlossen, die der Energieversorgung von Tuch- und Zuckerfabriken dienen. 1861 nimmt die Grube "Alfred" ihren Betrieb auf, die 1915 stillgelegt wird. 1880 wird die Wilhelmsbrücke über die Saale gebaut, die 1945 gemeinsam mit der Eisenbahnbrücke gesprengt wird. Die danach neuerbaute Saalebrücke wird am 20.Dezember1950 eingeweiht. Um 1900 nimmt die erste Konservenfabrik, vorrangig für Gurken, ihren Betrieb auf.

Nachdem im April 1945 im Schloß die dort aufbewahrten Wehrmachtsakten verbrannt werden sollten, fressen sich die Flammen mit deutscher Gründlichkeit durch das ganze Anwesen. 1950 wird der VEB "Eisenwerke West" als erster Niederschachtofen der Welt in Betrieb genommen dessen erster Roheisenabstich am 15.Oktober 1951 erfolgt. Bis 1989 wird die Stadt vorrangig von der Großindustrie geprägt. Die politische Wende bringt die persönliche Freiheit und den wirtschaftlichen Zusammenbruch, Industriepark, Gewerbezentrum und kleinere Betriebe.

Schwarz

Der Ort wo die Grillen zirpen. Die slawische Gründung Zwertze taucht erstmals 1205 in den Dokumenten auf. 1131 wird hier das Calbenser Prämonstratenserkloster Gottesgnaden gegründet. 1153 bestätigt Kaiser Friedrich I. Barbarossa eine Mühle bei Calbe als Klosterbesitz und macht das Kloster für Erhalt des Wehres und der Flutrinne zum Durchschleusen der Schiffe verantwortlich. 1164 wird die Klosterkirche geweiht und 1207, Franz von Assisi verzichtet vor Bischof Guido II. auf das Erbe seines Vaters, eine kleine Hospitalkapelle erbaut.

Die Abtei leistet Pionierarbeit in der Viehzucht, im Acker- und Gartenbau und bleibt, als wirtschaftlicher Machtfaktor bis zum großen Brand 1548, ein reiches Kloster. Es wird erzählt, daß der Probst Johannes Busch das verheerende Feuer nach einer Orgie im Vollrausch selbst verursacht hatte. 1563 wird das Stift aufgehoben und Stein für Stein bis auf die Hospitalkapelle abgetragen. Nach 1658 wird die Ansiedlung Gottesgnaden staatliche Domäne, deren große Dächer der Wirtschaftsgebäude noch heute weithin sichtbar sind.

Trabitz

tribunice wird am 4. Mai 945 in einer Schenkungsurkunde Otto I. erstmals schriftlich genannt. Noch unter dem Namen drogebutz fällt es in den Besitz des Erzbistums Magdeburg und wird dem unweit entfernten Kloster Gottesgnaden unterstellt. Im 13. Jahrhundert bauen sich die Einwohner aus Bruchsteinen eine Kirche, dessen Schiff um 1500 erweitert wird. Nach der Reformation, den Bauernkriegen und der Säkularisierung des Klosters wird Trabitz 1562 eigenständiges Amtsdorf. Nach dem Dreißigjährigen Krieg kommt die kleine Siedlung 1648 unter brandenburg-preußische Herrschaft. Die Jahrhunderte ziehen durch den kleinen Ort und mit der preußischen Verwaltungsreform von 1815 wird Trabitz in den Kreis Calbe eingegliedert.

Das erst 1948 neu errichtete Schulgebäude wird bereits drei Jahre später wieder geschlossen und die Schüler nach Calbe zum Unterricht geschickt. 1958 treten die letzten Trabitzer Bauern der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft bei. Der 300-Seelen-Ort verliert nach der Wende seine wirtschaftliche Basis und seine Einwohner und 1994 werden die etwa 200 Einwohnern nach Calbe eingemeindet.

Werkleitz (Tornitz)

Die slawische Gründung Tornicz, der Ort am Dornengebüsch, taucht 1382 erstmals in den Unterlagen auf. Wercklitzke wird 1494 zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Es sind nur wenige Nachrichten über die Jahrhunderte erhalten, die meist von schweren Hochwassern und Deichbrüchen berichten: ein Dammbruch im März 1651 hinter Tornitz, ein Dammbruch im Juli 1670 bei Werkleitz, 1752 der Bruch des Saaledeichs bei Werkleitz.

Am 19.Juni 1865 wütet ein Brand in Werkleitz und vernichtet zehn Bauernhöfe und die Schule. Nur die Kirche bleibt von den Flammen verschont. Im selben Jahr wird eine Dampfziegelei fertiggestellt. 1910 wird der "Grizehne-Barby-Schönebecker-Deichverband" gegründet, dem sich auch Bewohner von Tornitz und Werkleitz anschließen und sich an der Überwachung, Sicherung und Reparatur der Deiche beteiligen. Durch Wassereinbrüche bilden sich nach der Schließung der Grube „Alfred“ die Senkteiche Seehof, Erlenteich und Grüner Teich, Beamtenteich und Pappelteich. 1952 wird die Fähre Klein Rosenburg eingestellt.

Rosenburg (Klein- und Groß-)

Die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen von Rosenburg stammen aus dem Jahr 839. In jenem Jahr wird Æthelwulf nach dem Tod von Egbert König von Wessex und die Schlacht von Fontenoy ist noch nicht geschlagen. Wahrscheinlich befindet sich zu dieser Zeit eine slawische Siedlung am Unterlauf der Saale, in der ein großer Wirtschaftshof errichtet wird. Ältester Zeitzeuge ist heute die Burgruine, die bereits im 5. Jahrhundert eine der stärksten Wallbefestigungen im Elbe-Saale-Raum war. Der Ort selbst wird 965 erwähnt, als Kaiser Otto I. den königlichen Hof "Rosburg" der Moritzkirche zu Magdeburg schenkt. Als Lehen fallen Anlage, Vieh und Menschen von 1136 bis 1270 an die Grafen von Querfurt und um 1300 als Afterlehen an die Grafen von Barby. Ab dem 13. Jahrhundert bleibt Rosenburg über Jahrhunderte Staatsgut. Während die alte Rundburg um 1400 zerstört wird, wird die neuere Dreiecksburg 1798 schlossartig ausgebaut, brennt jedoch 1945 nieder.

1620 wird der Fährbetrieb über die Saale mittels Holztretrad aufgenommen, 1878 zur Gierseilfähre modernisiert und das Fährwindehäuschen wird alt und technisches Denkmal. 1702 wird der Saaledamm zwischen Groß und Klein Rosenburg gebaut, 1891 der Rosenburger Schifferbund, der Verein "Neptunia" gegründet.

Von der mittelalterlichen Burgruine Roseburg in Klein Rosenburg sind noch Wälle und Gräben, eine wechselvolle Geschichte und die Ruine des viereckigen Turmes erhalten, die seit ihrer Freilegung 1995 beliebtes Ausflugsziel geworden ist.