GROssJENA

Der Heimatforscher Hermann Grössler schrieb in seinem Führer durch das Unstruttal 1904: „Der auf ehemals slawischen Boden ziemlich häufig vorkommende Name dieses Ortes (auch als Wendischen-Jena benannt d.R.) deutet auf Slawen als Namensgeber, doch ist gleichwohl möglich, dass der Platz schon vor der Ankunft der Slawen von germanischen Ansiedlern besetzt war. Auf frühe Bekehrung der Einwohner zum Christentum dürfte die Wahl des h(eiligen) Rupert, eines nur in der Frühzeit der christlichen Kirche beliebten Heiligen, zum Patron der Kirche hindeuten. Ihre Lage weit außerhalb des Dorfes bestätigt die Überlieferung, dass Groß-Jena vorzeiten viel größere Ausdehnung hatte, als jetzt. Außer einer Burg gab es daselbst auch ein Kloster, welches im Jahre 1021 als eine Abtei bezeichnet wird. Die Stelle der Burg, welche auf der über dem Dorfe gleich hinter der Pfarre sich erhebenden Höhe lag und nach welcher die Restauration zum Ratskeller auch der Burgkeller heißt, heißt jetzt der Hausberg und lässt noch heute Spuren ehemaliger Umwallung erkennen. Sie war mindestens schon im 10.Jahrhundert der Haupt- oder doch Stammsitz eines Zweiges des Kevernburger Grafenhauses, von welchem Glieder damals nicht nur das Gaugrafenamt in mehreren ostthüringischen Gauen verwalteten, sondern auch die Markgrafschaft Meißen besaßen. Das Klosteroder die Abtei, welche in der Nähe der Kirche gelegen haben dürfte, war ohne Zweifel von den Vorfahren der Grundherren mindestens schon im 10.Jahrhundert gegründet worden, da in ihm Markgraf Ekkehard I., nachdem er im Jahre 1002 in Pöhlde (im Harz d.R.) ermordet worden war, bei vielen seiner Geschlechtsvorfahren beigesetzt wurde.“

Die frühen Jahre

Das Geschlecht der Ekkehardiner, machtvoll und für große Aufgaben im Reich bestimmt, stirbt mit dem Tode Ekkehards II. aus. Der Einfluss des Markgrafen von Meißen, Graf im Gau Chutizi und im Burgward Teuchern, als auch Markgraf der Lausitz, war durch das politisch und militärisch strategisch wichtige Saale-Unstrut-Gebiet so stark, dass die Ekkehardiner engste Berater der Kaiser und Fürsten wurden. Verheiratet mit Uta von Ballenstedt blieb die Ehe kinderlos.

Die Jahrhunderte zogen durch das Unstruttal, über die nahe Unstrutmündung ebenso dahin wie durch den noch im 11.Jahrhundert mit Markt-, Münz- und Zollrecht ausgestatteten Marktflecken. Die Ludowinger begannen 1090 mit dem Bau der Neuenburg, der in der ersten Bauphase bis 1227 andauern sollte. 1430 fielen die Hussiten in Sachsen ein und dringen bis in die Gegend von Magdeburg vor, während einhundert Jahre später die Thesen des Martin Luther einen Sturm und die blutig niedergeschlagenen Bauernkriege auslösten. Der Dreißigjährige Krieg zog im Zeitalter des Barock seine blutige Spur ebenso durch das Tal wie in den Siebenjährigen Kriegen des 18.Jahrhunderts.

Heute sind es die kleinen Attraktionen an der nahen Unstrutmündung, welche die Heerscharen von Touristen in Großjena einfallen lassen. Die bedeutendste Sehenswürdigkeit ist der Weinberg von Max Klinger und das so genannte Steinerne Bilderbuch, ein 1722 in den Sandsteinfelsen gehauenes Fries, das als Zyklus in 12 Reliefs biblische Szenen darstellt, die sich auf den Weinbau und die Jagd beziehen. Das Anfang des Jahrtausends restaurierte Landhaus Klingers ist von April bis Oktober  geöffnet. Wenige Meter flussabwärts mündet die Unstrut in die Saale und eine Fähre ermöglicht Wanderern die Überquerung des Flusses von und in Richtung Blütengrund. Vom Ablegeplatz der Fähre legt in den Sommermonaten auch die "Fröhliche Dörte" ab.

Großjena indes wartet noch mit dem ehemaligen Gutshof des Rittergutes auf, welches an der Stelle der vermuteten Burg liegt, einem Lustgarten, dem ehemals dazugehörigen Park und dem Verwalterhaus mit Orangerie. Das 1548 erbaute Rittergute wurde später in eine Wasserburg hochgerüstet,  deren Fundamente nach den Zerstörungen der napoleonischen Truppen beim Rückzug nach der Völkerschlacht bei Leipzig Oktober 1813 für den klassizistischen Neubau des Gutshauses weiterverwendet wurden. Die Besitzer wechselten im Lauf der Jahrhunderte: der sächsische Oberforstmeister Hans von Wiltperg (1576), der Königlich Sächsische Geheime Kabinets- und Kriegs-Minister Georg Wilhelm von Hopfgarten (1813). Nach dem 2.Weltkrieg wurde das Gutshaus als Schule bis zur Aufgabe 1983 wegen Baufälligkeit genutzt.

Max-Klinger-Haus

Max Klinger, der Leipziger, Grafiker, Maler und Bildhauer, wurde im Februar 1857 als Sohn des Seifensieders Louis Klinger und dessen Frau Auguste geboren. Er studierte Kunst in Karlsruhe und Berlin, stellte 1878 seine ersten Arbeiten an der Königlichen Akademie einem breiten Publikum vor. Später  begann er mit seinen Radierzyklen und reiste mehrere Jahre nach Brüssel, Paris und Italien. 1891 stellte Klinger seine Gemälde "Die Blaue Stunde" und "Pietà" in Paris aus und löste zwei Jahre später mit seinem Gemälde "Kreuzigung" in Dresden einen Skandal aus, da er Christus völlig nackt darstellte. 1894 wurde er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, vollendete 1902 sein umstrittenes Hauptwerk, den sitzenden Beethoven und wurde im Jahr darauf neben Max Liebermann zum Vizepräsidenten des Deutschen Künstlerbunds ernannt.

1903 erwarb der Künstler, der mit seinen Werken vornehmlich dem Symbolismus zuzuordnen ist, einen Weinberg mit dazu gehörigem Weinbergshaus in Großjena. Gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Schriftstellerin Elsa Asenijeff, verbrachte er viele glückliche Tage auf dem Weinberg. In den Jahren zwischen 1903 und 1920 entstanden hier zahlreiche Radierungen und eine große Anzahl an Zeichnungen, Aquarellen und Ölbildern. Ab 1909 ließ er das obere Weinbergshaus zu einem komfortablen Wohnhaus ausbauen. 1910 lernte er hier die 17jährige Gertrud Bock kennen, die ihm zusammen mit ihrer Schwester Ella Modell stand. Nach einem Schlaganfall 1919 verlegte Klinger seinen Hauptwohnsitz nach Großjena und heiratete Gertrud Bock, mit der er schon mehrere Jahre zusammengelebt hatte. Am 4. Juli 1920 starb Klinger auf dem “Klingerberg”, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.

Steinernes Bilderbuch

Am ehemaligen Steinauer’schen Weinberg befindet sich das in einen Felshang gehauene „Steinerne Bilderbuch. Einmalig in seiner Art, stellt das etwa 150 Meter lange Bildrelief zwölf Szenen aus der biblischen Geschichte dar, die sich auf den Weinbau und die Jagd beziehen. Der Naumburger Juwelier Johann Christian Steinauer gab zum zehnjährigen Thronjubiläum seines Herzogs Christian II. von Sachsen-Weißenfels am 17. März 1722 in Auftrag.

Herzog Christian, vierter Herzog der kursächsischen Sekundogenitur Sachsen-Weißenfels sowie Fürst von Sachsen-Querfurt, der das  Mäzenatentum sowie die Förderung von Wissenschaft, Bildung und Kultur seines verstorbenen Bruders fortsetzte, war chronisch pleite. 1719 erfolgte bereits der völlige finanzielle Zusammenbruch des kleinen Herzogtums. Vor allem war Herzog Christian jedoch der höfischen Treibjagd in seinem Ziegelrodaer Forst sowie in den Wäldern um Weißenfels, Pölsfeld und Schloss Neuenburg bei Freyburg völlig verfallen. Zu diesen Großereignissen des Adels wurden die Bauern des gesamten Umkreises zu zusätzlichen Fronarbeiten verpflichtet. Nebenbei. Anlässlich seines 31. Geburtstages 1713 komponierte Johann Sebastian Bach für den Herzog die berühmte Jagdkantate „Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd“ (BWV 208).

Die Jahrhunderte setzten dem Relief an der Unstrut indessen arg zu. 1995 begannen die ersten Sondierungsmaßnahmen, um den weiteren Verfall des Kulturdenkmales zu verhindern. Bis zum Jahr 2000 wurden die Sicherungsmaßnahmen umgesetzt und der weitere Verfall konnte vorerst aufgehalten werden.

Relief 1 - Quellwunder Moses

Moses kommt (links) aus einem Zeltlager und schlägt mit einem Stab auf einen Felsen. Aus diesem fließt Wasser aus einer Quelle, welches von einem mit kurzen Hosen bekleideten knienden Jungen aus einem Gefäß getrunken wird. Daran schließt sich ein älterer Mann mit Spitzbart und einem Wasserbehälter in der Hand an. Der sitzende Aron im Gewand eines Priesters und zwei Baumstümpfe runden das Bild ab.

Relief 2 – Fuchsjagd 

Die Jagdszene ist vermutlich dem Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels gewidmet. Zu sehen ist ein Jäger der mit einem Stock einen Fuchs auf einem Baum berührt, welcher zuvor von einem der Hunde geflüchtet ist. Ein weiterer Hund jagt einen zweiten Fuchs. Im rechten Teil räuchert ein weiterer Jäger einen dritten Fuchs unter einer Baumwurzel aus. Ein vierter Fuchs hängt bereits an einem Baum.

Relief 3 – Herzog Christian

Das dritte Relief stellt den Herzog selbst dar.                             

Relief 4 – Puttentanz mit dem Harfenspieler David

Zahlreiche Kinder bilden einen tanzenden Kreis um den Harfe spielenden König David. Links schlägt ein Kind einen Purzelbaum, während ein weiteres daneben liegt. Im rechten Teil strampelt ein Kind auf dem Rücken liegend mit den Beinen in der Luft. 

Relief 5 – Hochzeit zu Kana

An einer mit drei Schüsseln gedeckten Hochzeitstafel sitzen 15 Personen. Sieben Paare und Jesus mit einer Strahlenkrone. Links neben Jesus befindet sich Maria, welche auf ihn zeigt. Rechts daneben sitzen der Bräutigam und dessen Ehefrau (erkennbar am Schleier). Im rechten Teil des Bildes kommt eine Frau aus einem Zelt und bringt in einer Schüssel das Hochzeitsgericht an die Tafel. Im Vordergrund stehen sechs steinerne Wasserkrüge, wobei der linke von einem Jünger gefüllt wird.

Das Felsenrelief enthält (enthielt) noch eine Inschrift: "Gott macht immer aus Wasser Wein / Gesegnet ist die Frucht / Verdammt soll der Mischer sein / der nicht Erquickung sucht." 

Relief 6 – Lots Berauschung und brennendes Sodom

Lots sitzt von Wein leicht berauscht auf einer Bank und hält seiner älteren Tochter den Becher hin, damit sie diesen aus einer Kanne wieder auffüllt, wobei sie mit ihrer linken Hand die Schleppe ihres Gewandes festhält. Die zweite Tochter tritt mit erhobenen Becher und entblößten Beinen auf ihren Vater zu. Im linken Hintergrund sieht man das brennende Sodom mit Mauertürmen und Zinnen. Lots Ehefrau, die zur Strafe für ihr Ungehorsam zur Salzsäule wurde, ist als Salzsäule abgebildet. Die Widmung: "Dieses hat zum Andenken gestiftet Herr Christian Andreas Steinauer, Handelsmann in Berlin 1722 d. 17. Martii." Ist noch schwach zu erkennen.

Relief 7 – Die Verkündung der Hirten

Um eine Schriftplatte sind Engel und Hirten angeordnet, die Harfe, Pauke, Flöte und Tuba spielen. Ein Schäfer spielt auf einem Dudelsack. Auf der Schriftplatte ist noch erkennbar: "Ehre sei Gott in der Höhe / und Frieden auf Erden / und den Menschen ein / Wohlgefallen."

Relief 8 – Christus in der Kelter

Jesus steht mit einem Kreuz in der Hand in einem Weinkelter. Im linken Teil des Felsenreliefs bringen in großen Butten sechs Frauen Weintrauben herbei, wobei die Frau auf der rechten Seite nur mit einem Lendenschurz aus Weinlaub bedeckt ist und gerade ihr Behältnis leert. Rechts neben Christus steht ebenfalls ein nacktes Weib, gefolgt von einem Mann mit Mütze, Dolch und Stab. Daran schließt sich ein Paar und zwei Kinder mit Trauben in den Händen an. Die Erwachsenen tragen alle ebenfalls Butten. Über den Personen kann man erahnen: "Ich tret die Kelter ganz allein, und ist niemand mit mir. Alleine mußt es Jesus sein, so dankt ihm auch dafür."

Relief 9 – Die Arbeiter im Weinberg

Der Vater sitzt vor seinem Haus, auf dessen Schornstein sich ein Storch befindet, auf einem Lehnstuhl. In der rechten Hand hält er einen Beutel und sein linker Arm deutet auf etwas. Vor ihm steht der Schaffner, welcher einen Groschen hoch hält und den Lohn austeilt. Diesen erwarten drei stehende Arbeiter, wobei einer die Hand ausstreckt, der zweite einen Hut hinhält. Ein vierter Arbeiter sitzt auf den Stufen zu einem Weinberg. Mit der Linken hält er einen auf einer Stufe abgestellten Stock und mit der Rechten wischt er sich durch das Gesicht.                             

Relief 10 – Noah als erster Weinbauer

Ein bärtiger Mann mit Weste und langen Rock trägt in der linken Hand ein Winzermesser und in der anderen einen traubenbehangenen Weinstock. Mit seinen Füßen steht er auf zwei Kugeln, diese wiederum auf einer Art Sockel. Der Mann hat ein Doppelgesicht, welches die Unberechenbarkeit der Weinbergserfolge darstellen soll: trotz großer Mühen bei der Arbeit bleibt der Erfolg häufig aus.

Relief 11 – Josua und Kaleb

Die beiden Männer Josua und Kaleb kommen mit einer schweren Weintraube, welche an einem Tragstock befestigt ist, in ihre Heimat zurück. Sie tragen Mäntel, Kniehosen und Wanderstöcke in den Händen.                              

Relief 12 – Moses an der Grenze des gelobten Landes

Moses kniet mit einem Gegenstand in der Hand vor Gott. Dieser zeigt mit einem Stab nach den Bergen, hinter denen das gelobte Land liegt. Davor befindet sich ein kleiner Bach. Aus dem Zelt im rechten Hintergrund ragt die eherne Schlange empor und weißt den Weg zum ewigen Leben.