REGION QUERFURT

Maurerin Annett

* Erstveröffentlichung: Mitteldeutsche Zeitung 1998

Neben zahlreichen Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen erfolgt in der Ausbildungsstätte des Instituts für Erwachsenenbildung im Gewerbegebiet Laucha auch die Ausbildung von Lehrlingen in den verschiedensten handwerklichen Berufen. Die meisten Berufe sind sogenannte Männerberufe, wobei es auch weibliche Lehrlinge gibt. So ist der Anteil an künftigen Malerinnen gegenüber den männlichen Kollegen recht hoch. Verspürt eine junge Frau den Wunsch, in den typischen Männerberuf eines Maurers vorzustoßen, so ist dies doch eher ungewöhnlich.

Annett Kempa, Jahrgang 1980, gilt daher als Exot im Lehrbetrieb. Nach dem Schulabschluß sah es auch für die Naumburgerin nicht einfach aus mit einer Lehrstelle. Einen handwerklichen Beruf wollte sie von Anfang an ausüben, und da auch der Bruder Maurer ist, lag es für sie nahe, den gleichen Beruf zu wählen. "Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen", sagte sie und etwas anderes strebte sie auch nicht an. Ein Berufsvorbereitungsjahr folgte, und im Oktober 1996 begann sie über das IEB ihre Ausbildung. Freilich, es gab anfangs einige Schwierigkeiten, doch waren auch diese bald überwunden. Im Rahmen der Benachteiligtenausbildung, welche über das Arbeitsamt finanziert wird, fing ihre Ausbildung zum Hochbaufacharbeiter an. Nach einer zweijährigen Lehre ist es dann möglich, mit einem sehr guten Leistungsdurchschnitt ein drittes Lehrjahr zu absolvieren und Maurer zu werden. Und die Möglichkeit steht bei Annett Kempa sehr gut. Als Beste ihrer Klasse möchte sie auch die Chance nutzen und ihren Traumberuf gründlich lernen.

Doch stehen im Sommer diesen Jahres erst einmal die Prüfungen vor der Industrie- und Handelskammmer an. Bedenken deswegen hat sie keine, macht ihr doch die Arbeit Spaß und spiegeln sich ihre Leistungen in den guten Noten wider. Eine insgesamt positive Klasse, in der Annett ihren "Mann" steht. "Ein selbstbewußtes und resolutes Mädel, unsere Annett"; Ausbilder Seißing ist voll des Lobes, und auch die anderen Lehrmeister in der Lauchaer Ausbildungsstätte sind stolz auf "ihren" Lehrling. Von den "Jungs" in der Klasse wird sie nicht nur akzeptiert, sondern auch um Hilfe gebeten, wenn es beim Lernstoff nicht mehr weiter geht. Doch verweigern auch sie ihre Unterstützung nicht und erweisen sich oft als Gentleman in der Not.

Da im Lehrbetrieb die gemauerten und verputzten Übungswände recht schnell wieder abgerissen werden, so ist man besonders stolz auf die einzelnen Lehrkabinette, welche von den Auszubildenden selber errichtet wurden - und auch stehen bleiben. Besonders viel Spaß hat Annett Kempa die Arbeit im Naumburger Praktikumsbetrieb gemacht. Gern erzählt sie von ihrer Arbeit; Fundamente und Estrich gießen, Fliesen legen und selbst Renovierungsarbeiten gehörten dazu. Nun, es gab auch Tage, an denen nur Schutt und Bauabfälle weggeräumt werden mußten und die nicht gerade zu den Höhepunkten zählen. Doch spricht Annett Kempa von den Renovierungsarbeiten an alten Häusern, dann leuchten ihre Augen wieder, und man merkt ihr die Freude zum gewählten Beruf an. Obwohl es nicht leicht für Frauen in der Baubranche ist, will sie ihren Weg zu Ende gehen und ist recht zufrieden mit ihrer Entscheidung. Zufrieden mit ihrer Arbeit ist auch ihr Praktikumsbetrieb, der auch dem zweiten Praktikum nicht abgeneigt gegenübersteht. Und da ihr die theoretische und praktische Ausbildung keine Sorgen machen, sieht es für Annett Kempa für die nächste Zeit recht positiv aus.