LISSABON
CASTELLO, FISCH UND FLIESEN, SONDERFAHRZEUGE UND WELLENREITER
Portugiesische Fliesen

Das portugiesische Wort für Fliesen ist "Azulejos" und stammt aus dem Arabischen "Al zuleia", was soviel wie "flacher, glatter, polierter Stein" bedeutet. Die portugiesischen Mosaikfliesen entstanden erstmals 1489 in Anlehnung an andalusische Ornamentfliesen, welche der portugiesische König Manuel I. von einer Spanienreise in seinem Sommerschloss in Sintra bei Lissabon anbringen liess. Während früher nur Kirchen und Paläste mit den kostbaren Fliesen verziert wurden, fanden die Fliesen nach dem desaströsen Erdbeben von 1755 auch im Hausbau der Altstadt von Lissabon Anwendung. Beliebt waren neben einfachen Mosaikarbeiten Darstellungen der Weinlese, umlaufende Bordüren oder Stilleben an Fassaden, Gartenmauern, Brunnen und in Treppenhäusern.

(Motiv in der Rua do Limoeiro, Lissabon)

Presselandschaft

In den letzten Jahren mussten viele kleine Blätter ihren Druck einstellen. Bedeutende Tageszeitungen sind der konservativ-liberale Diário de Notícias, der linksliberale Público und das Jornal de Notícias aus Porto.

Portugal lag für mich immer am südlichen Ende Europas, weit entfernt und mit dem Klischee deutscher Badetouristen behaftet. Auch wenn von hier Vasca da Gama seine Weltumseglung startete und die Seefahrernation Portugal sich mit Spanien um die Weltherrschaft stritt; die Glanzzeiten lagen etliche Jahrhunderte zurück und das Erbe schien mir immer irgendwie aufgebraucht.

Mein erster Kontakt mit Portugal war Holger. Der Sachse lebte seit einigen Jahren in der Nähe von Palmela und arbeitete für eine deutsche Entwicklungsfirma. Ich war damals für Volkswagen unterwegs und koordinierte die Entwicklung von Polizeifahrzeugen. Im portugiesischen Palmela wurden die Vans des Konzerns gebaut; VW Sharan, Seat Alhambra und aus den Zeiten des Joint Ventures der Ford Galaxy. Holger und ich arbeiteten in jenen Monaten und Jahren eng zusammen und lernten uns gegenseitig schätzen. Während dieser Zeit flog ich mehrmals nach Portugal, um mich vor Ort über die Entwicklungsumsetzung zu informieren und die Polizeifahrzeuge zu testen. Holger erzählte mir viel über sein Leben in Portugal und seine Arbeit mit den portugiesischen Kollegen, die oft dem typischen Klischee unterlagen. Auch wenn sie hilfsbereit und verlässlich waren, so fehlte es ihnen doch oft am deutschen, technischen Verständnis. Doch lagen sie mit ihrer offenen und meist ungezwungenen Art dem deutschen Trübsinn wohltuend um Punkte voraus. „Tudo bem“ – „Alles in Ordnung“, wurde meine wichtigste portugiesische Vokabel.

Holger vermisste die kalten und schneeverwöhnten sächsischen Landschaften ebenso wie deutsches Mischbrot. Da ich ihm ersteres nicht mitbringen konnte, lieferte ich herzhaftes Roggenmischbrot und Holger revanchierte sich wiederum mit köstlichem Portwein.

Lissabon erkundigte ich auf einer dieser Reisen an einem sonnendurchtränkten Nachmittag. Mein Linienflug begann mit Hindernissen und kam am Drehkreuz Palma de Mallorca ins Stocken. Ich musste den Umweg über Barcelona nehmen, um mit einen der späteren Flieger in Lissabon zu landen. Während ein Arbeitskollege mich bereits am Flughafen erwartete, wartete mein Gepäck noch in Mallorca auf die Weiterreise. Obwohl die Sachen bereits am folgenden Tag zugestellt werden sollten, versorgte ich mich noch zum späten Sonntagabend mit einer Zahnbürste, einem frischen Shirt und ein paar neuen Unterhosen.

Dienstreisen bedeuten selten, auf Entdeckungstour gehen zu können, konzentrieren sich in erster Linie auf zahllose Meetings und Abstimmrunden und lassen nur bei längerem Aufenthalt genügend Zeit, Land und Leute kennenzulernen. Ich nutzte während der intensiven Arbeitsstunden die Gelegenheit, die portugiesischen Kollegen kennenzulernen und den Rest der folgenden Tage, um die nähere Umgebung zu entdecken. „Instand-Sightseeing“ wurde für mich die Tugend in der Not.

Mein Gepäck wurde am ersten Tag ins Hotel geliefert und alles war wieder „tudo bem“. Die ehemalige römische Stadt, Lissabon erhielt unter Caesar erhielt die Ortschaft 48 v. Chr. die römischen Stadtrechte und war nachfolgend als Felicitas Julia ein größerer Ort in der Provinz Lusitania, lag in sommerlicher Hitze vor uns. Meiner kleinen Entdeckungstour hatte sich ein junger Arbeitskollege aus Deutschland angeschlossen.

Wir parkten unseren Wagen unmittelbar am Tejo und liefen ostwärts die Ribeira das Naus. Etliche Angler versuchten ihr Glück im Tejo, einige Schwarze hatten sich unter den schattigen Bäumen niedergelassen, ihre Wäsche zum Trocknen ausgehangen und kochten sich eine Suppe. Portugal, lange ein Land von Seeleuten und Emigranten, ist ein Einwanderungsland. Seiner geographischen Lage wegen zog das Land Abenteurer und Händler aus England, den niederländische Provinzen, Spanier und Italiener an. Tausende von afrikanischen Sklaven kamen gegen ihren Willen aus den Kolonien. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatten schätzungsweise zehn Prozent der 100.000 Einwohner Lissabons eine schwarze Hautfarbe. Später jedoch wurde Portugal zum Armenhaus Europas und viele Portugiesen suchten ihr Glück in der Fremde. Im Zuge der Entkolonialisierung wurde durch Gesetze festgelegt, dass der Zugang zur portugiesischen Staatsbürgerschaft für die ehemaligen Kolonien seit den 1960er Jahren vereinfacht wurde. Rasch stieg die Zahl der Ausländer, dominiert von Afrikanern, an. Später erfuhren wir, dass etliche Straßenzüge im Norden der Stadt für Ausländer, selbst für Portugiesen zu gefährlich wären, da Gangs diese Viertel kontrollieren und ihr Geld mit Drogen und Überfällen verdienen würden.

Vom Arco da Rua Augusta streiften wir entlang der Künstler- und Touristenmeile hinauf zum Nationaltheater, im Bogen über den Praça da Figueira und einige Seitenstraßen hinauf zum Kastell de São Jorge. Wir gönnten uns eine kühle Zitronenlimonade, einen Gitarre spielenden Straßenmusiker und einen herrlichen Rundblick  über die Stadt. Unter uns lagen die engen Altstadtgassen Lissabons, im Westen ergoss sich der Rio Tejo in den Atlantik, der silbern herüber leuchtete und im Dunst lag die 1966 eröffnete Ponte 25 de Abril, die den Lissabonner Stadtteil Alcântara mit der Stadt Almada verband. Hinter uns wusste ich die mächtige Ponte Vasco da Gama, die mit ihren über 17 Kilometern zu den längsten Brücken der Welt gehört und als längste Brücke Europas gilt.

Wir folgten den Straßenbahngleisen wieder bergab, passierten die Catedral Sé Patriarcal; Hauptkirche Lissabons und  die Kathedrale des Patriarchats von Lissabon aus dem 12.Jahrhundert und fuhren hinüber zu den Docks. Seit der Expo 1998 hatte sich das Stadtbild Lissabons verändert und ehemals heruntergekommene Stadtviertel wurden zur angesagten – und teuren Adresse. An den Doca de Santo Amaro reihten sich mehrere Restaurants und Szenekneipen aneinander und buhlten ohne Mühe um Gäste. Der Ponte 25 de Abril spannte sich in unmittelbarer Nähe über den Tejo und erinnerte an die Golden Gate Bridge von San Franzisco. Von Almada stach der mächtige Christo Rei herüber. Die 28 Meter hohe Christus-Statue Statue steht auf einem 75 Meter hohen Sockel. Als der frühere Erzbischof von Lissabon Dom Manuel Gonçalves Cerejeira 1934 Rio de Janeiro besuchte, inspirierte ihn die 1931 eingeweihte Cristo-Redentor-Statue zu einer Nachbildung in Lissabon. Es gelang ihm, den portugiesischen Episkopat zu überzeugen und am 20. April 1940 gelobten die Bischöfe in Fátima, die Statue zu errichten, sollte Gott Portugal vor dem Zweiten Weltkrieg verschonen. Während ich mir meine Krebse und Langusten mit einem leichten Wein schmecken ließ, verschwand die Sonne glutrot hinter dem Horizont.

Das Entdeckerdenkmal Padrão dos Descobrimentos sahen wir im Dunkel der jungen Nacht. Genau 500 Jahre nach dem Tode von Heinrich dem Seefahrer 1960 unter dem Salazar-Regime erstellt, soll es die alten Zeiten glorifizieren.

Mit unseren Erprobungsfahrzeugen schlängelten wir uns über die engen Straßen im Naturreservat Serra da Arrábida, welches immer wieder von verheerenden Waldbränden heimgesucht wird, und preschten die steile Küstenstraße nach Setúbal hinunter. Von hier ging eine Vielzahl der portugiesischen Entdeckungsreisen aus, die der alten Hafenstadt zu großem Reichtum verhalfen. Im frühen 16.Jahrhundert begann man damit, Muskateller-Wein in dem mittelmeerähnlichen Klima von Setúbals Umgebung zu pflanzen. Bereits seit diesen Zeiten locken Klima und Landschaft den Lissabonner Adel an, der hier Paläste und Landhäuser bauen ließ. Heute strecken bereits die Vororte vom 50 Kilometer entfernten Lissabon ihre Finger entlang der Schnellstraße nach Setúbal aus.

Ich verbrachte noch einen angenehmen und entspannten Nachmittag am Lagoa de Albufeira, keine Autostunde von Palmela entfernt, ließ mich von den Atlantikwellen treiben und schaute den Kitesurfern bei ihren akrobatischen Kunststücken zu. Als ich am nächsten Tag Portugal verließ, hatte ich meine Fahrzeuguntersuchungen abgeschlossen, genügend Datenmaterial und einen guten Portwein im Gepäck, gute Gespräche geführt und Freundschaften geschlossen. Alles „tudo bem“.

Arco da Rua Augusta

Nach der Verlegung des Königssitzes von Coimbra wurde Lissabon 1256 Hauptstadt des Königreichs. Um 1500 erlebte Lissabon einen unvergleichlichen Aufstieg zu einer der glanzvollsten Handels- und Hafenstädte seiner Zeit.

Straßenbahn Lissabon

Die seit 1873 verkehrende Pferdestraßenbahn wurde ab 1890 durch Kabelstraßenbahnen und später durch elektrische Straßenbahnen ersetzt.

Doca de Santo Amaro

Unterhalb der mächtigen Ponte 25 de April haben sich ehemaligen Hafendocks zur angesagten Adresse entwickelt. Die ersten Ideen für eine Brücke über den Tejo gehen auf 1913 zurück. Die 1966 eingeweihte Salazar-Brücke wurde nach der Nelkenrevolution vom 25.April 1974 umbenannt.

Lagoa de Albufeira

In der Nähe von Sesimbra, südlich Lissabon, locken der Atlantik und die Lagune mehr Einheimische als Touristen.