NAUMBURG

Naumburg, das sind Dom und Domschatzgewölbe, Uta von Ballenstedt und ihre Naumburger Meister, Neo Rauchs neuester Bilderzyklus in der Elisabethkapelle, Wenzelskirche und Hildebrandtorgel. Das sind weiterhin Ekkehardiner und Messestadt, Hussitenfeste, Friedrich Nietzsche und Garnisionsstadt.

„Tod das Geschlecht / wohl bald vergessen, / das einst die tapfersten / der Helden hat besessen. / Verweht der Ruhm, / um die sie rangen; / die Burg zerstört, / in der die Barden sangen / Ein leises Raunen zieht / nur träumend durch das Land / und weht den Namen, / den einst die Welt gekannt / hinüber in die Gegenwart: / den Namen Ekkehard.“ Zur 900-Jahr-Feier 1928 erschien von Hans Dommer „Die letzten Ekkehardiner“. Der im Stil der Zeit geschriebene Roman beleuchtete die ersten Tage der Saalestadt.

Ostmark, Bistumssitz und Messestadt

Erstmals 1012 erwähnt, lag die neue Burg der Ekkehardiner am Schnittpunkt zweier Handelsstraßen. Das alte thüringische Geschlecht stellte bis zu Ihrem letzten Erben Ekkehardt II. die Markgrafen von Meißen. Mit dem Tod Ekkehardts 1046 starb das Geschlecht aus, welches erheblichen Einfluss auf die damalige Reichspolitik hatte. Noch heute erinnern die Stifterfiguren des Naumburger Doms, Ekkehard II. mit seiner Gemahlin Uta von Ballenstedt und Hermann mit seiner polnischen Regelindis od. Reglindis, an die Stifterfamilie.

1028, Europa stand im Zeichen des Feudalismus und ihre Menschen miteinander in vertraglichen Vereinbarungen, gab Papst Johannes XIX. seine Zustimmung zur Verlegung des Bistumsitzes von Zeitz nach Naumburg. Naumburg sollte bis in die späten Reformationsjahre – 1568 – Bischofssitz bleiben. 1030 wurde die Domschule gegründet, 1144 Naumburg das Stadtrecht verliehen.

Günstig an der via regia sowie der Franken- und Salzstraße gelegen, stand Naumburg mit seiner Peter-Pauls-Messe jahrhundertelang mit Leipzig im Wettbewerb. Naumburg hielt, dem Leipziger Privileg der Reichsmesse von 1497 geschuldet, „Jahrmärkte“ ab. 1514 erhielt Naumburg offiziell das Messeprivileg von Kaiser Maximilian I., welches jedoch 1667 endgültig Leipzig zugesprochen wurde. Naumburg  wirtschaftliches Blühen kam, ebenfalls durch den verheerenden Dreißigjährigen Krieg bedingt, zum Erliegen. Bereits im 16.Jahrhundert, in den Zeiten der Reformationen und Säkularisierungen, ging die Gebiete des Naumburger Bistums an die Kurfürsten von Sachsen über, die es durch eine eigene Stiftsregierung in Naumburg verwalten ließen und später die Administratoren stellten. Mit der Gründung der Sekundogenituren Sachsen-Weissenfels, Sachsen-Merseburg und Sachsen-Zeitz fiel das Stiftsgebiet 1657 letzterer zu. Bevor Moritz von Sachsen, der jüngste Sohn Johann Georgs I., in Zeitz die Moritzburg erbauen lies, diente das Naumburger Stadtschloss als Residenz. Mit dem Tod des letzten protestantischen Vertreters der Linie Sachsen-Zeitz im Jahr 1718 fiel das Naumburger Stiftsgebiet endgültig an die Dresdner Kurlinie zurück; es war damit vollends in das albertinische Sachsen integriert, blieb aber bis 1815 Sitz eigener Verwaltungsbehörden.

Auf dem Wiener Kongress im April 1815 nahmen die Sieger der Völkerschlacht die Neuordnung Europas vor. Sachsen zählte zu den Verlierern der Völkerschlacht, wurde damit zu umfangreichen Gebietsabtretungen gezwungen und verlor rund 58 Prozent seines Staatsgebietes mit rund 42 Prozent seiner Einwohner hauptsächlich an Preußen. Diese Gebiete wurden in der neu gegründeten preußischen Provinz Sachsen zusammengefasst. Preußen wurde endgültig Großmacht und das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach zum Großherzogtum erhoben. Vom heutigen thüringischen Gebiet gehörten nach dem Wiener Kongress rund 22 Prozent zu Preußen. Das Königreich Sachsen besaß nach diesem Aderlass keinen Anteil an Thüringen mehr. Auch Naumburg fiel an Preußen. 1846 erhielt die Stadt Anschluss an die Thüringer Bahn von Halle nach Erfurt und 1889 mit dem Bau der Unstrutbahn nach Artern. Am 15. September 1892 ging die Straßenbahn Naumburg in Betrieb. Sie wurde in den ersten Jahren noch mit Dampf betrieben, jedoch bereits am 2. Januar 1907 auf den elektrischen Betrieb umgestellt.

Eine besondere Naumburger Tradition ist das Kirschfest. Alle im Schatten von Dom oder Domfreiheit geborenen Naumburger kennen die Sage von Prokop und den Kindern, ach wenn die Hussiten nachweislich nicht vor Naumburgs Toren standen. „Ein Lehrer zieht mit Kindern - in weiße Büßerhemdchen gekleidet - vor die Tore der belagerten Stadt, um beim Hussiten-Feldherrn Prokop um Gnade zu bitten. Dieser habe das Gesuch erhört und den Kindern sogar Kirschen geschenkt.“

Bereits im 16. Jahrhundert finden sich in alten Ratsrechnungen Ausgaben für ein Kinderfest. Seit dem 17. Jahrhundert bringt man das Fest mit der sagenhaften Belagerung Naumburgs durch die Hussiten im Jahre 1432 in Verbindung.

Kirschfestlied

Die Hussiten zogen vor Naumburg / über Jena her und Camburg / auf der ganzen Vogelwies´ / sah man nichts als Schwert und Spiess, / an die hunderttausend.

Als sie nun vor Naumburg lagen, / kam darein ein grosses Klagen! / Hunger Quälte, Durst tat weh, / und ein einzig Lot Kaffee / kam auf sechszehn Pfenn´ge

Als die Not nun stieg zum Gipfel, / fasst die Hoffnung man beim Zipfel, / und ein Lehrer von der Schul´ / sann auf Rettung und verful / endlich auf die Kinder

„Kinder“, sprach er, „ihr seid Kinder, / unschuldsvoll und keine Sünder / ich führ euch zum Prokop hin, / der wird nicht so grausam sin, / euch zu massakrieren.“

Dem Prokopen tät es scheinen, / Kirschen schenkte er den Kleinen / zog darauf sein langes Schwert, / kommandierte: „Rechtsum, kehrt!“ / Hinterwärts von Naumburg.

Und zu Ehren des Mirakles / ist alljährlich ein Spektakel. / Kennt ihr nicht das Kirschenfest, / wo man´s Geld in Zelten lässt? / Freiheit und Viktoria !

Am 12. April 1945 besetzten amerikanische Truppen die Stadt, knapp drei Monate später - am 2. Juli - zogen Truppen der Roten Armee in Naumburg ein. In den Jahren des "real existierenden Sozialimus" war in Naumburg das 170. Garde-Mot. Schützenregiment der Sowjetstreitkräfte stationiert.

In der DDR war Naumburg Standort von Maschinenbau, Arzneimittel-, Metall- und Schuhindustrie. Von 1956 bis 1960 gab es im Gebäude der königlich-preußischen Kadettenanstalt und späteren Napola die Kadettenschule Naumburg/Saale als einzige Einrichtung dieser Art. 1990 kam die bisher zum Bezirk Halle gehörende Stadt zum neu gebildeten Land Sachsen-Anhalt. Naumburg wurde Kreisstadt und blieb dies auch nach der Gründung des Burgenlandkreises mit den Gebieten von Nebra und Weissenfels.