UNSTRUT - GÖRMAR BIS TENNSTEDT

In seinem 1995 im Dingsda-Verlag erschienenen Buch „Der fränkische Reiter“ fasste der Historiker Reinhold Andert die Präsenz der Kirchen und der fränkischen Wachstationen an der Unstrut im frühen Mittelalter zusammen. „Das älteste Gebäude einer Stadt, eines Dorfes, ist meist die Kirche. Oft ist es nur der Kirchturm mit seinen dicken  Mauern, der den zahllosen Bränden der Zeit widerstehen konnte. Die Kirchen der Unstrutorte sind durchweg erst im 12.Jahrhundert gebaut worden. In der Regel stehen sie auf der Stelle einer Vorgängerin, einer früheren Kirche. Der Platz, auf dem die Kirche steht, ist geweiht worden, er ist heilig. Nur in Ausnahmefällen wurde dieser Platz beim Neubau einer Kirche gewechselt. … Der früheste Bau von Kirchen begann erst nach der Missionierung der Thüringer durch iroschottische Mönche oder später während der Zeit des Bonifatius, also keineswegs vor dem 7.Jahrhundert. Nur slawische Dörfer, die nach dieser Zeit gegründet wurden, haben bisweilen die Kirche in der Ortsmitte. Dörfer oder Städte, deren Kirchen am alten Ortsrand stehen, haben also bereits zur Zeit der alten Thüringer existiert. Aufschlußreich könnte ebenfalls der Name einer Kirche sein, das Patrozinium. Vor der Reformation war der Namenstag des Kirchenheiligen ein bedeutendes Fest. Aus den Briefen des Bonifatius weiß man, daß oft an Stellen germanischer Heiligtümer Kirchen errichtet wurden und daß für die heidnischen Götzen ein entsprechend wichtiger christlicher Heiliger als Namenspatron für die Kirche genommen wurde. … Nach der Eroberung des Thüringer Reiches ließen die Franken Soldaten zurück, um ihr erobertes Gebiet zu sichern … Thüringen (wird) von einem straffen Netz fränkischer Wachstationen überzogen. Diese Stationen haben sich an wichtigen Flußübergängen und Straßenkreuzungen befunden. Ihr Sinn bestand darin, eine erneute Sammlung der Thüringer an gewohnten Orten, also am Thingplatz, in der Nähe des Königshofes, zu verhindern. Würde man alle Wachstationen kennen, könnte man das damalige Wegenetz rekonstruieren.“

Görmar

In Görmar, heute Stadtteil von Mühlhausen, das erstmals 897 als Besitz des Klosters Fulda in den Urkunden und Unterlagen erwähnt wird, führte eine der ältesten Steinbrücken über die Unstrut. Doch schon für das Jahr 768 kann die Ortsgründung eines Germar nachgewiesen werden. Um dem heiligen Germar (610 bis 660) als Klostergründer und Missionar des Frankenkönigs Dagobert I. und frühmittelalterlichen Promi zumindest im Namen nahezustehen, war Germar ein geläufiger Vorname bei den Franken. Reinhold Andert schreibt, dass Görmar die Kapitale der später genannten Germarmark und seine zugehörigen Ländereien wie Straußfurt und Gorsleben, Reinsdorf und Nägelstedt ehemaliges Reichsgut waren.

Auf dem südlich vom Stadtteil Görmar gelegenen Rieseninger Berg, im heutigen Kulturpark Thomas Müntzer, wurde der einstige Prediger und Rebell 1525 enthauptet und sein Kopf zur Abschreckung auf einen Speer gesteckt.

Schlotheim

Hinter Görmar ergießt sich der schmale Notterbach in die Unstrut. Auf seiner Suche nach dem Schatz der Thüringer bog Reinhold Andert von der Unstrut ins nördliche Schlotheim ab. Über die ehemalige fränkische Militärstation (in der Nähe des Schloßgrabens wurde eine merowingische Goldmüntze aus dem 7.Jahrhundert gefunden) schrieb der Historiker: „Aus den späteren Briefen des Bonifatius geht hervor, daß sie (die christlich-fränkischen Missionare) sehr inkonsequent bei ihren Versuchen waren, die heidnischen Thüringer zum Christentum zu bekehren. Manche von ihnen waren sowohl christliche als auch heidnische Priester. Kürzlich fand man bei Schlotheim das Grab eines solchen Doppelpriesters. Es ist der erste schlüssige Beweis für die Missionierung der Thüringer im 7.Jahrhundert.“

Bollstedt

Der 874 als „Bolestat“ erwähnte Ort liegt sanft eingebettet in der Unstrutaue zwischen flachwelligen Hügeln. Reinhold Andert vermutet in den Funden am Grabschen Weg aus dem 2. bis 4. Jahrhundert, dass auch hier bereits in der Frühzeit ein Hof der Thüringer gestanden hat. „Der erste bekannte Einwohner des Dorfes ist ein gewisser Dimo, der im Jahre 860 dem Kloster Fulda vierzig Joch und eine Hufe Land geschenkt hatte. Aber auch Reichsbesitz muß es in Bollstedt gegeben haben, denn Otto III. vermachte ihn im Jahre 1001 dem Würzburger Bischof“, so Anders. Im Sommer 1300 verkaufte Landgraf Friedrich zu Thüringen Dorf und Besitz an die nahe Reichsstadt Mühlhausen. Der barocke Hexenwahn griff in den Jahren 1661 bis 1687 in Bollstedt um sich und riss sechs Frauen auf dem Scheiterhaufen aus dem Leben. Heute ist die Agrargenossenschaft der größte Arbeitgeber im landwirtschaftlich geprägten Unstrutabschnitt.

Höngeda

Südlich von Bollstedt liegt im heutigen Unstrut-Hainich-Kries der kleine Ort, 876 erstmals in den Kirchenurkunden als „Honige“ erwähnt. Honig war frühmittelalterliche Kostbarkeit und Grundlage des germanischen Mets.  1936 fand man am Hang des Scherbenberges quasi zur Namensbestätigung „die Gräber altthüringischer Imker“. Der heilige Cyriakus, beliebt bei den sächsischen Katholiken, gab auch der Kirche in Höngeda, wie in vielen anderen Orten des späteren Meißnischen Bistums, seinen Namen.

Seebach

Dem Historiker und ehemaligen Sänger des „Roten Oktoberklub“ fiel auf seiner Unstrutreise in dem 750 als Sebah erwähnten Ort das vierstöckige Fachwerkschloß der Ritter von Berlepsch auf. „Früher soll es durch einen Wassergraben und eine Zugbrücke gesichert gewesen sein. Am Beginn dieses Jahrhunderts (des 19.Jahrhunderts, A.d.R.) richtete der letzte von Berlepsch hier eine Vogelwarte ein, die unter Vogelkundlern auch heute noch einen guten Ruf genießt.“ Vermutlich, jedoch bisher nicht nachweisbar, war auch Seebach eine ehemals fränkische Wachstation.

Altengottern und Großengottern

Versucht man die Historie der Unstrut zu ergründen, ihre Schlachten, Hexenverfolgungen und heutige Schönheit in Übereinklang zu bringen, stolpert man auch wenige Kilometer westlich von Thamsbrück über den Widerspruch von Germanentum und christlicher Missionierung. 1071 hält sich Kaiser Heinrich II. in „Guterena“ auf, was auch den Schreibern und Gelehrten eine Notiz wert ist. Während nun vor der Informationsflut von Wikipedia in früheren Zeiten noch in Archiven und Kirchenbüchern recherchiert wurde, neigt man in heutigen Onlineportalen schnell zum „Copy and Paste“. Eine erfrischende Abwechslung dazu bietet immer wieder Reinhold Andert während seiner Unstrutreise. „Da in der Regel nur in Königssitzen geurkundet wurde, vermutet man in Guterena eine Pfalz. Diesen Ort gibt es gleich zweimal, als Alten- und Großengottern. In welchem von beiden diese Pfalz stand, ist noch unklar. Zwischen den beiden Gottern durchfließt die Unstrut eine etwa zwei Kilometer breite sumpfige Niederung. Daher auch der Name Guterena, der vom althochdeutschen “gute“, feuchter Wiesengrund, abgeleitet wurde.“

Neben der Trinitatiskirche von Altengottern, dem vermutlich älteren der beiden Gottern-Orte, steht ein ehemaliges Rittergut, welches seine Besitzer mehrfach wechselte. Der Nachweis, dass hier die ottonische Pfalz gestanden hat, wurde jedoch noch nicht erbracht. Die missionarisch-wirtschaftlichen Belange der Mainzer und Hersfelder Kirchenherren grenzten in Altengottern aneinander. Dem Mainzer St.-Viktor-Stift gehörten wie dem Kloster Hersfeld, welches seine Schäflein in der St.Wigbert-Kirche am nördlichen Dorfrand predigte, Wiesen, Äcker, Wald und stattliche Wirtschaftshöfe in der Umgebung.

Flarchheim

1080 stoßen bei Flarchheim die Heere König Heinrich IV. und des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden in den Auseinandersetzungen um die Macht im römischen-deutschen Reich aufeinander. Bruno, sächsischer Mönch und Chronist, schreibt in seinem „Buch vom Sächsischen Krieg“ über die Schlacht.

“Im folgenden Jahr aber, dem 1080sten nach der Menschwerdung des Herrn, im Monat Januar, sammelte Heinrich wieder eine nicht geringe Heeresmacht und gedachte in Sachsen einzufallen, weil er meinte, die Sachsen, als Leute die im Frieden die Ruhe lieben, würden zur Winterszeit nicht zahlreich ins Feld kommen. Aber die Sachsen waren bereits durch viele Anstrengungen abgehärtet und durch viele Unruhe vom Schlummer der Trägheit erweckt; mit ihrer ganzen Kraft  machten sie sich auf, ihm zu begegnen und seinen Angriff von den Grenzen ihres Landes abzuschlagen. Er aber hatte mit seiner gewohnten Listigkeit die Sachsen mit vielen Versprechungen voneinander getrennt, so daß nicht lange vor dem Tage der Schlacht Widekin, Wiprecht und Theoderich, Geros Sohn, mit vielen anderen von den Sachsen zum Feinde übergingen, und Markgraf Ekkibert mit seiner Schar sich für keinen von beiden erklärte, sondern zögernd in der Nähe der Walstatt verweilte, um den Ausgang des Kampfes abzuwarten, und dem Sieger mit Glückwünschen sich anzuschließen. So trafen denn beide Heere bei Flarcheim auf einander und lagerten sich so, daß zwischen ihnen ein nicht gar breiter, aber tiefer Bach floß. Die Unsrigen also stellten sich zur Verteidigung ihrer Seite des Ufers auf, und erwarteten die Ankunft der Gegner auf der Höhe des Abhangs, um abwärts dringend die aufsteigenden Feinde umso leichter zurückwerfen zu können. Dann gaben sie Herzog Otto den Auftrag, zuerst die Schlacht zu beginnen. Während nun also die Unsern in solcher Aufstellung die Ankunft der Feinde erwarten, wenden sich diese, wie es immer ihre Art war, zu einer Kriegslist, und umgehen unversehens die Unsrigen, welche ihrem Angriff von vorne entgegen sahen, und nun, rückwärts schauend, plötzlich die Feinde hinter ihrem Rücken erblicken. Da entsandte König Rudolf einen eiligen Boten an Herzog Otto und beschwor ihn bei Gott, daß er, seiner alten Tapferkeit gedenkend, sich nicht scheuen möge, nach der früheren Anordnung zuerst das Treffen zu beginnen. Darauf erwiderte Herzog Otto, wenn die Feinde, wie man erwartet hatte, ihm zuerst gekommen wären, so würde er sich  keineswegs vor ihrem stürmischen Angriff fürchten; jetzt aber könne er seine Schlachtordnung nicht umwenden; und deshalb bat er, daß die, gegen welche der Feind zuerst gekommen wäre, ihn auch mit ganzer Kraft empfangen möchten; sobald er könne, versprach er ihnen zu Hülfe zu kommen. Kurz, das Treffen begann ganz anders, als man beabsichtigt hatte; denn die letzten wurden die ersten, und die ersten die letzten. Mit großer Heftigkeit wurde von beiden Seiten gestritten, doch war der Kampf in kurzer Zeit entschieden. Denn die Sachsen wandten sich rasch um, und zeigten den Feinden, welche ihnen in den Rücken gefallen waren, ihr furchtbares Antlitz, und sie ruhten nicht eher als bis sie den Feind in die Flucht geschlagen und  gezwungen hatten, ihnen den Rücken zu zeigen. So kehrten also die Sachsen als Sieger heim, und brachten, wie es sich  gebührte, dem Geber aller guten Gabe Lob und Dank. Von unserer Seite aber fiel in jenem Treffen Meginfrid, der Burggraf von Magdeburg, von der anderen Folkmar und der Burggraf von Prag, und mit ihnen eine nicht geringe Anzahl von böhmischem und anderem Kriegsvolk. Heinrich aber, der sich bald nach dem Beginn der Schlacht auf die Flucht begab, wurde von Lothowig auf verborgenen Pfaden durch den Wald geleitet. Sein Heer, welches nicht lange nachher gezwungen wurde, gleichfalls in der Flucht sein Heil zu suchen, lagerte sich ermattet bei einer Burg Namens Wartberg (die Wartburg, A.d.R.), und machte dort Halt um die müden Glieder durch Speise und Ruhe zu erfrischen. Die Unsrigen aber, welche die Burg besetzt hielten, warfen sich mit plötzlichem Angriff auf jene, jagten sie in die  Flucht, und plünderten fast ihre ganze Habe, Pferde, Waffen, goldenes und silbernes Geschirr, Pfeffer und andere Gewürze, kostbare Stoffe und reiche Gewänder. Denn in dieser  Gesellschaft befand sich der Patriarch (von Aquileja) und andere Fürsten aus jenen Gegenden, welche ungeheuere Reichtümer mit sich gebracht hatten. Dieses dritte Treffen aber begab sich im Jahre des Herrn 1080, am 27. Januar, an einem Montag.“

Thamsbrück

Thamsbrück, 736 erstmals schriftlich erwähnt, war neben Gotha, Buttelstedt und Weißensee einer der vier Gerichtsorte unter den Thüringer Landgrafen. Bevor eine Abschrift des „Sachsenspiegel“, eine Sammlung sächsisch-thüringischer Gesetze, ins Kreisarchiv von Bad Langensalza gebracht wurde, bewahrte man diese in Thamsbrück auf. Reinhold Andert schreibt während seiner Hortsuche: „Die vier Gerichtsorte liegen genau an den beiden Wegenzwischen der Ost- und Westgrenze des landgräflichen Thüringen, nämlich der Neuenburg bei Freyburg und der Wartburg bei Eisenach. Auf ihrem südlichen Weg fuhren oder ritten die Landgrafen von der Wartburg zur Neuenburg auf der „via regia“, der uralten Königsstraße, einem überregionalen Heer- und Handelsweg, der von Paris und Frankfurt/ Main über Eisenach und Leipzig bis Kiew führte. In Thüringen verlief er über Gotha – Erfurt – Buttelstedt – Eckartsberga zur Neuenburg. Der nördliche Weg führte den landgräflichen Troß von Eisenach über Behringen, Thamsbrück, Bad Tennstedt, Straußfurt, Weißensee, Kölleda und Eckartsberga zur Neuenburg. … Der Bergfried, den man von Thamsbrück sieht, stammt von einer Burg, die der Thüringer Landgraf Ludwig der eiserne im Jahre 1149 für seinen Bruder, Ludwig den Jüngeren, erbauen ließ. Aus dieser Zeit stammen wahrscheinlich auch die Reste einer Stadtmauer. Diese Burg in Thamsbrück wurde scheinbar deshalb errichtet, weil die Landgrafen und ihr Gefolge beim Umherziehen einen festen Ort brauchten, eine Art Herberge. Die Wartburg war damals genau eine Tagesreise von Thamsbrück entfernt.“

In der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts greift die Hexenverfolgung der benachbarten Ortschaften auch auf die kleine Stadt über, die selbst den Bürgermeister Johann Kaufmann in ihre perfide Logik einzieht. 1868 wird das Schloß bis auf den Bergfried abgerissen. Größte Arbeitgeber sind zu DDR-Zeiten die LPG „Karl-Marx“, die bereits 1890 gegründete Malzfabrik und die Mühlenbaufirma ORANO. Nach der Wiedervereinigung wird der ehemalige Gerichtsort in die Stadt Bad Langensalza eingegliedert.

Kloster Homburg

An das ehemalige Kloster, 1541 im Zuge der Reformation aufgelöst, und die heidnische Vergangenheit des Flurstücks „Böhmen“ erinnern heute nur noch einige alte Steine, ein altes Gasthaus und die ehemaligen Fischteiche. Homburg rückt in den Machtkämpfen König Heinrichs IV. mit Sachsen und Thüringern mit der nahen Schlacht am 9.Juni 1075 in den historischen Blickpunkt. Der Sachse Bruno berichtet wie der Mönch Lampert von Hersfeld über die Schlacht bei Homburg. Da beide aber den verschiedenen Parteien nahestehen, jeder aus seiner Sicht. Homburg ist für Reinhold Andert ein wichtiger und im Deutschen Reich bekannter Ort. Der Historiker vermutet, dass dem ehemaligen Kloster eine Burganlage vorangegangen war. Erste Nachrichten über ein Kloster stammen aus dem Jahre 1100. Kaiser Lothar III. und seine Tochter Gertrud schenkten dem Kloster umfangreichen Besitz und ließen für das Seelenheil von Lothars Vater, Graf Gebhard von Süpplingenburg, der hier bei den Kämpfen 1075 gefallen war, beten. Doch eifrig schienen die Nonnen nicht gewesen zu sein, denn 1136 wurden die in Verruf geratenen Frauen ins Stift nach Eisenach gesteckt und Mönche aus dem Benediktinerkloster Corvey zogen an die Unstrut.

Bad Langensalza

Das „Ferien- und Bäderbuch“ des Verlags Tribüne schwärmt 1970 über die „einzigen Schwefelbäder“ der DDR. „Im nördlichen Vorland des Thüringer Waldes, in der Unstrutniederung, liegt Bad Langensalza. Neben Bad Tennstedt gehört Bad Langensalza zu den einzigen Schwefelbädern in der Deutschen Demokratischen Republik. Aus fünf intensiven Schwefelquellen in der Unstrutniederung wird das heilkräftige Schwefelwasser dem Kurmittelhaus zugeleitet. Es ist ausschließlich auf Schwefeltherapie eingerichtet. Über 3600 Patienten werden jährlich in Bad Langensalza medizinisch betreut. Die Indikation umfasst vornehmlich Erkrankungen der Bewegungsorgane, Rheuma- und Hautleiden. ... Langensalza mit seiner tausendjährigen Geschichte besitzt viele Sehenswürdigkeiten. Alte Stadtmauern, Türme und historische Bürgerhäuser mit prächtigen Portalen gebend er Stadt das Gepräge. Bad Langensalza ist von gepflegten Parkanlagen umgeben.“

Die heutige Kurstadt erhielt ihren Namen nach einem Nebenflüsschen der Unstrut, der Salza, die eine der ältesten erwähnten Salzbäche Thüringens ist. Vom Salz, früher wertvoller als Gold, hing das Überleben ab. Tacitus, der römische Geschichtsschreiber, berichtet von den Kämpfen zwischen germanischen Stämmen im Jahr 58. „In demselben Sommer wurde zwischen Hermunduren und Chatten eine große Schlacht geschlagen, als beide einen Fluß, der durch Salzgewinnung ergiebig war und zugleich die Grenze zwischen ihnen bildete, mit Gewalt sich anzueignen suchten; über die Neigung hinaus, alles mit Waffen zu entscheiden, kam dazu noch der fest eingewurzelte Aberglaube, daß diese Gegenden dem Himmel am nächsten seien und die Gebete der Sterblichen von den Göttern nirgends aus größerer Nähe gehört würden. Daher entstehe durch die Gnade der Götter in jenem Strom und in jenen Wäldern das Salz, das nicht wie bei anderen Stämmen dadurch gewonnen wird, daß angespülte Meerwasser verdunstet, sondern man Wasser über einen brennenden Holzstoß gießt, aus den feindlichen Elementen Feuer und Wasser.“

In Bad Langensalza ist das Mittelalter mit seinen engen Gassen, kleinen Märkten und schiefen Torbögen immer noch spürbar. Etliche, über die Stadtmauern hinaus, bekannte Menschen stammen von hier oder lebten in (Langen-)Salza, wie der Hochmeister des Deutschen Ordens Hermann von Salza, der Arzt und Begründer der Makrobiotik Hufeland, der Oberhauptmann von Berlepsch und Klopstock. Seit 2002 „Rosenstadt“ erhielt Bad Langensalza im Mai 2009 den von der Bundesregierung verliehenen Titel „Ort der Vielfalt“.

Merxleben

Im heutigen Ortsteil von Bad Langensalza wurde 1962 bei Bauarbeiten ein Friedhof der alten Thüringer entdeckt. Zahlreiche Beigaben, Schweineknochen, eine vollständige Waffenausrüstung und eine als Bratspieß gedeutete Eisenstange wiesen auf den hohen Rang des Mannes hin, in welchem die Archäologen den Hofbesitzer und Namensgeber „Marahgis“ vermuteten.

Im Sommer 1866 stehen sich auf den Feldern von Merxleben in der „Schlacht bei Langensalza“ Preußen und die Soldaten seines norddeutschen Verbündeten aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha den Truppen des Königreiches Hannover gegenüber. Fast einhundert Jahre später wird am 8.Juni 1952 eine Muster-LPG mit 22 Bauern nach sozialistischem Vorbild gegründet, die nach der deutschen Wiedervereinigung aufgelöst wird.

Nägelstädt

Ein gewisser Walthid von Altgrewe schenkt im 9.Jahrhundert das Dorf „Neglessten“ dem Kloster Fulda. Der Deutsche Orden erwirbt im heutigen Ortsteil von Bad Langensalza 1222, in der Zeit der Albigenserkreuzzüge, einen Gutshof mit Patronatsrecht über die St.Georg-Kirche. Die frühere Wirtschaftsmacht des Ritterordens ist heute noch in den mächtigen Scheunen und Wirtschaftshöfen zu erahnen. Archäologische Funde legen die Besiedlung der Gegend seit der Stein- und Bronzezeit.

Gräfentonna

Gräfentonna, etwas südlich der Unstrut an der Tonna gelegen, hat seit Jahrhunderten bei den Thüringern einen eher düsteren Beigeschmack. Die Kettenburg, Festung der Grafen von Tonna, diente, nachdem das Geschlecht 1631 ausgestorben war, über die Zeiten als fürstliches Amtshaus, Verließ und von 1861 bis 1991 als Zuchtanstalt. Auf dem nahen Lohberg wurden zahlreiche Siedlungsspuren von der Stein- bis zur römischen Kaiserzeit gefunden.

Mit den Knochenfunden eines vor hunderttausend Jahren verendeten Waldelefanten in den letzten Jahren des 17.Jahrhunderts und der Diskussion zwischen Wilhelm Ernst Tentzel und dem Gelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz, ob es sich um einen solchen oder um Mineralien handele, wurde Tonna unter den Wissenschaftlern bekannt. Die ersten schriftlichen Erwähnungen über Tonna stammen indessen aus den Jahren zwischen 750 und 779, erwähnen jedoch nur Güterschenkungen bei Tonna. Als urkundliche Ersterwähnung wurde von der Gemeindeverwaltung das Jahr 860 angenommen und 2010 die 1150-Jahr-Feier ausgerichtet. Der Franke Erphold, der auch als Gründer und Namensgeber Erfurts gilt, wird in jener Urkunde von 860 als erster Graf in Tonna genannt.

Zwischen 1089 bis 1631 herrschen die Grafen von Tonna von ihrer Kettenburg über die Gegend. 1113 erhalten die Tonnaer Grafen die Burg Gleichen zum Lehen und nennen sich von da an Grafen von Gleichen. Der Dreißigjährige Krieg hinterlässt auch am Oberlauf der Unstrut seine blutige Spur; Östertonna und Reifenheim werden verwüstet. Der barocke Krieg holt auch die Pest nach Tonna, die von den eintausend Einwohnern etwa die Hälfte hinrafft.

Großvargula und Kleinvargula

Hinter Nägelstedt schwingt sich die Unstrut durch ein sanftes Tal bis nach Großvargula. Das Dorf, mit seinen etwas mehr als 700 Einwohnern tatsächlich etwas größer als das benachbarte Kleinvargula, wird erstmals 785 schriftlich erwähnt. Vom der mittelalterlichen Wasserburg, von dem 1856 noch Ecktürme, das Eingangstor mit Zugbrücke und ein Vorratsgebäude mit drei Meter  dicken Mauern bestand, wurde abgetragen. Die Schenken von Vargula, also die Mundschenken der Thüringer Landgrafen deren Ursprung im Dunkeln liegt, besitzen im 13. und 14.Jahrhundert erheblichen Besitz an Unstrut und Saale. Nachdem die Stammeslinie im 14.Jahrhundert ausstirbt, wird Vargula an das Kloster Fulda und später an den Deutschen Ritterorden verkauft. Der Besitz wechselt in den folgenden Jahren weiter; fällt an die Stadt Erfurt, wird sächsisches Lehen und untersteht dem kursächsischen Amt Langensalza; wird 1806 von den Franzosen besetzt und nach den Befreiungskriegen in die preußische Provinz Sachsen eingegliedert. Kleinvargula, früherer Besitz des Klosters Fulda, war vermutlich eine slawische Gründung, was eine Urkunde von 1155 zu bestätigen scheint, aus der hervorgeht, daß Slawen dem Kloster zehntpflichtig sind.

Auf seiner Suche nach den alten Thüringern macht der Historiker und Autor Reinhold Andert einen interessanten Ausflug in der Namensforschung. „Die Ursprünge dieser Klein- und Groß-Namen (in Bezug auf Klein- und Großvargula, A.d.R.) reichen bis in die Thüringerzeit zurück. Nach dem Sieg der Franken im Jahre 531 wurde das Gebiet östlich der Saale von den Thüringern geräumt. In den frei gewordenen Landstrichen siedelten sich, von Osten kommend, Slawen an. Einige von ihnen aber machten nicht an der Saale halt, sondern zogen weiter und gründeten ihre Orte inmitten der Thüringer. Diese Ansiedlung der Slawen muß mit Zustimmung der Franken und Thüringer erfolgt und es muß auch genügend Platz vorhanden gewesen sein. Die slawischen Orte wurden meist so genannt, wie ihre Thüringer Nachbarorte. Da man alle Slawen als Wenden bezeichnete, wurden ihre Orte mit einem „Wendisch-„ versehen. So hieß Kleinvargula“ anfänglich sicher Wendisch-Vargula. Aus „Wendisch-“ wurde mit der Zeit „Wenigen-“ oder „Klein-“. Zur Unterscheidung wurde den ursprünglichen Orten ein „Deutschen-“ vorangesetzt. Vargula hieß sicher eine Zeitlang Deutschen-Vargula. Aus dem „Deutschen-“ wurde später die Vorsilbe “Groß-“.“

Herbsleben

Über den mit fast dreitausend Einwohnern (Stand: Dezember 2013) großen Ort geht das Gerücht, das hier einst ein Thüringer Königssitz gestanden hat. Da aufgrund der detaillierten Ortschronik des Pfarrers Zeyß aus dem Jahre 1873 alle Brände und Kriege, gewöhnliche und ungewöhnliche Ereignisse zusammengetragen wurden und bisher kein archäologischer Beweis für einen Königssitz erbracht wurde, zweifelt Reinhold Andert am Gerücht.

Nichtsdestotrotz reicht die Besiedlung lange Zeit zurück. 1971 wurde bei Bauarbeiten das Grab einen Mannes aus dem 6./ 7.Jahrhundert gefunden. Eine Burg sicherte den Übergang über den Fluß; doch mit dem Verlust der Flurnamen ging auch das Wissen um den „Königsleuteweg“ bei Herbsleben verloren. Andert vermutet in dem Weg die „östliche Fortsetzung des Fürstenweges …, dieser alten Heerstraße, die von Großvargula über Langensalza nach Eisenach führt.“ Die Wasserburg der Herren von Herbsleben wechselt wie die zugehörigen Besitzungen im Laufe der Jahrhunderte immer wieder die Besitzer. Die Grafen von Henneberg sind im Hochmittelalter ebenso Herren in Herbsleben wie später das Haus Wettin. Kurfürst August tritt 1554 das Amt Herbsleben an die Ernestinische Linie der Wettiner im Vertrag von Naumburg ab; 1589 wird das Gut Herbsleben an Hans und Wilhelm von Kerstlingerode verkauft. Der frühen Jahre des Dreißigjährigen Krieges bringen Not und Elend in den Ort; das Schloss und vier Edelsitze, die Untermühle, die Gemeindeschänke und 136 Bauernhäuser und Stallungen werden niedergebrannt. Nach 1640 fällt Herbsleben nach mehreren Besitzteilungen der Ernestinischen Herzogtümer zum Herzogtum Sachsen-Gotha und ab 1672 zum Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg. Die Besitzer wechseln ständig weiter. 1709 erwerben die  Brüder Jacob Wilhelm und Georg von Forstern Amt und Schloss und von den Nachfahren 1810 an Finanzrat Menz und Bankier Höfling aus Fulda verkauft. Es folgen die Landgrafen von Hessen-Rotenburg (1823), dann Fürst Franz Josef von Hohenlohe-Schillingsfürst (1829) und ein Jahr vor der Revolution von 1848 die Herzöge von Ratibor. Mit der Revolution wird die Lehnsherrschaft aufgehoben und das Gut an Herbslebener Einwohner verpachtet. Oskar Becker errichtet 1907 eine Gaststätte im Schloß, das 1958 abgerissen wird.

Bad Tennstedt

„Bad Tennstedt ist ein fast 1200 Jahre altes Thüringer Kleinstädtchen in einem Seitental der Unstrut. Viele alte Bauwerke und Mauerbefestigungen aus dem 15.Jahrhundert geben der Stadt ein eigenes Gepräge. Bad Tennstedt gehört zum Gipskeupergebiet des Thüringer Zentralbeckens. Bereits 1813 nahmen die beiden Schwefelbäder Bad Langensalza und Bad Tennstedt den Badebetrieb auf. Beide Schwefelbäder stehen ab 1969 unter gemeinsamer ärztlicher Leitung und Verwaltung. Mit dem natürlichen Schwefelwasser werden vierwöchige Badekuren mit ärztlicher Zielsetzung durchgeführt. Behandelt werden Patienten die an Rheuma, Gicht, Neuralgien und chronischen Ekzemen leiden. Nicht geeignet ist Bad Tennstedt für Patienten mit Erkrankungen der Luftwege, insbesondere Asthmatiker. Alle Kurgäste erhalten Normalkost. Sofern Schonkost notwendig ist, sollte die Kur in Bad Langensalza erfolgen.“ („Ferien- und Bäderbuch“, Verlags Tribüne 1970)

Tennstedt, im Mittelalter bedeutende Ackerbürger- und Handelsstadt mit Handelswegen in Richtung Leipzig, Kassel und Frankfurt und für den Waidanbau bekannt, erlebte seinen wirtschaftlichen Niedergang wie die Nachbarorte Thamsbrück und Weißensee ab dem 17.Jahrhundert. Archäologische Funde im späten 19.Jahrhundert belegen die Besiedlung seit der Jungsteinzeit. Während verschiedene Theorien einen Königshof in Tennstedt vermuten, lässt Reinhold Andert auf seiner umfassenden und pointierten Fahndung nach dem Thüringer Königshort den Ort links liegen. In einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 772 wird das Gut an das Kloster Fulda überschrieben, 775 wird an das Kloster Hersfeld weitergetauscht. Die Stadtmauer, 1448 bis 1483 erbaut, war bei ihrer Fertigstellung bereits militärisch veraltet. In anderen Dingen sind die Tennstedter schneller, wie bei den Hexenverfolgungen, die hier spät ankommen, dafür aber nur zehn Jahre (1690 bis 1700) andauern. Im Siebenjährigen Krieg wird der Ort besetzt; 1800 eine Salpeterhütte errichtet, 1828 eine Papierfabrik. 1811 holt die Entdeckung einer Schwefelquelle Tennstedt aus der wirtschaftlichen Versenkung. 1812 wird ein Kurpark angelegt, das erste Badehaus eröffnet und im Jahr darauf beginnt der Kurbetrieb. Das selbst Johann Wolfgang von Goethe auf seiner Durchreise nach Baden-Baden 1816 in der Stadt eintrifft, wird heute marketingtechnisch verarbeitet.