ARCHE NEBRA UND WANGEN

Hinter Memleben verengt sich das Tal und die Unstrut zwängt sich an den rot leuchtenden sandsteinfarbenen Steilufer der Steinklöbe vorbei. Seit dem 12.Jahrhundert wurde hier das Material für die vielen Burgen, Klöster und Kirchen der Umgebung gebrochen. Die Unstrut selber bildete hier die Grenze zwischen dem nördlichen Hassegau, der das Friesenfeld einschloss und dem südlich gelegenen Angelgau. Die Steinklöbe, seit Jahrzehnten Naturschutzgebiet, ist Heimat seltener Orchideen, Steppen- und Heidewaldpflanzen.

Siedlungsspuren, Himmelsscheibe und Bergbautradition

Inzwischen kennt jeder die Geschichten um den Hype von Wangen. Das Dorf, das sich aus dem Gassendorf Großwangen und dem gegenüberliegenden Kleinwangen zusammensetzt und heute Ortsteil der Stadt Nebra ist, wurde 1999 mit dem Fund der Himmelsscheibe aus seiner historischen Bedeutungslosigkeit gerissen. Was folgten waren ein Kriminalstück, ein Informationszentrum, dessen Schweizerische Architektur für heftige Diskussionen sorgte, zahllose internationale Fernsehteams sowie regionale und überregionale Persönlichkeiten, die sich im Glanz der Scheibe zu profilieren suchten. Und endlose juristische Zänkerein um das Vermarktungsrecht der Bronzescheibe. Die Geschichte Europas muss jedoch neu geschrieben werden und die Historiker entdecken anhand der Himmelsscheibe von Nebra wie modern die Altvorderen wirklich waren. Mit dem Besuch von jährlich 100.000 Besuchern wurde für den Bau der Arche Nebra kalkuliert. Seit der Eröffnung 2007 sanken die Zahlen jedoch jährlich. 2013 musste der Landkreis dem Informationszentrum erstmals finanziell aushelfen. Für manche Grund zur Sorge, für andere Normalität, wie die Mitteldeutsche Zeitung im September 2014 berichtete. Leider liegt der Fund vom nahen Mittelberg nicht im neun Millionen Euro teuren Informationszentrum „Arche Nebra“, denn für die Sicherheitstechnik scheint das Geld doch nicht gereicht zu haben, sondern im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Die Verantwortlichen der Arche suchen indessen unbeirrt weiter, um mit spannenden Sonderausstellungen und Veranstaltungen Interesse und Besucher in das futuristische Gebäude oberhalb von Wangen zu locken.

Zahlreiche Funde belegen indessen die lange Siedlungsgeschichte im Unstruttal. Besondere Bedeutung erlangte der Fund altpaläolithischer Feuersteinartefakte auf der Wangener Terrasse, die etwa 300.000 bis 350.000 Jahre alt sind. Scherben der Stichbandkeramik, Gräberfelder der Glockenbecherkultur und Bronzelanzenspitzen weisen die Besiedlung über die Jahrtausende nach. Der mittelalterliche Burghügel, der auf alten Karten als Schanze bezeichnet wird, mit Funden aus dem 12./13. Jahrhundert wurde im Zuge der aktuellen Himmelsscheibeninterpretation erneut untersucht. Kleinwangen selber erscheint erstmals schriftlich als „Uuangun“ im Hersfelder Zehntverzeichnis. Von dreizehn leibeigenen Bauern in Kleinwangen zogen während der deutschen Bauernunruhen 1525 vier gegen das Kloster Reinsdorf; weitere vier schlossen sich den Aufständischen bei Frankenhausen an. Die Kirche in Großwangen wird nach den Plänen des Pfarrers Georg Heinrich Zicke 1712 eingeweiht. Älter noch ist die Kirche auf der anderen Flussseite in Kleinwangen, was der eingemauerte Grabstein der Ehefrau von Hans Gerberg von 1598 zu bestätigen scheint.

Das Leben beider Dörfer ist über die Jahrhunderte von der Landwirtschaft geprägt  und von den umliegenden Steinbrüchen. Mit der Teufung des Roßlebener Kalischachtes zeiht auch in Wangen der Bergbau ein. In Kleinwangen wurden Arbeiterwohnungen und ein Verwaltungsgebäude gebaut. Letzteres befindet sich rechterhand auf dem Weg zum heutigen Informationszentrum und verfällt trotz langwieriger Instandhaltungsarbeiten vor sich hin. 1919 entstand in Großwangen die Bergbausiedlung an der Straße nach Memleben, die Schächte der Grube „Georg“ wurden vorangetrieben und mit denen von Roßleben verbunden. Von hier erfolgte das Einfahren der Bergleute und die Bewetterung der Kalischächte. Ab 1994 ist der Bergbau Geschichte.