SAALE - ZELL BIS HIRSCHBERG

Vierhundertdreizehn Kilometer schlängelt sich die Saale durch Bayern, Thüringen und Sachsen-Anhalt, und bezwingt fast sechshundertachzig Höhenmeter bevor sie sich bei Barby in die Elbe ergießt. Auf ihrem Weg nimmt sie die Wasser von Schwarza und Ilm, Unstrut, Wipper und Bode sowie der Weißen Elster auf. Sie passiert kleine Dörfer wie Ziegenrück, Burgwerben oder Alsleben und größere Siedlungen wie Hof, Naumburg, Merseburg und Jena. Ihre Quelle indessen liegt romantisch versteckt keine zwei Kilometer vom Ortsrand von Zell im Fichtelgebirge.

Die eigentliche Quelle befindet sich etwas oberhalb des seit 1869 eingefassten Wasseraustritts. Hier hatte ein Jacob Heinrich Richter ein kleines Bergwerk zum Abbau von Gelbkreide, das er „Hülffe Gottes“ nannte. In den 1790er Jahren untersuchte Alexander von Humboldt, damals preußischer Oberbergmeister, die Gegend um die Saalequelle und entdeckte, dass das Gestein des Haidbergs magnetisch ist.

Mit dem Abriss des alten Bergwerksgeländes und der Rekultivierung zog die Saalequelle um, wurde neu eingefasst und erhielt eine Marmortafel die an jene Ereignisse erinnerte: „Quelle der Saale, gefaßt von den Städten Münchberg, Schwarzenbach, Hof, Weißenfels, Halle 1869“.  

Zell im Fichtelgebirge

Steinzeitliche Werkzeuge und Fundstücke bezeugen, dass bereits um 1000 bis 1800 v. Chr. erste Jäger und Sammler in den Wäldern rund um den Waldstein auf der Jagd waren. Als cella waltstein wurde die Siedlung unter Bischof Otto I. zu Beginn des 12.Jahrhunderts urkundlich aufgelistet. Der Ursprung von Zell geht vermutlich auf eine Mönchsklause zurück, die in erster Linie für die Christianisierung der heidnischen Bewohner gegründet wurde. Noch auf der Bamberger Synode 1059 stellte Bischof Gunther fest, dass in seinem Bistum slawische Siedler immer noch an heidnischen Bräuchen festhielten.

Im März 1323, im selben Jahr wurden die Tiroler Schützen gegründet, belehnte Ludwig der Bayer die Brüder Eberhard und Ulrich von Bindlach mit einem Teil von Münchberg und verschiedenen Gütern, unter denen sich auch einige in Zell befanden. Die in der Nähe der Mönchsklause errichtete Kapelle wird erstmals 1421 schriftlich erwähnt. Die späteren Hussitenkriege hinterließen auch an der oberen Saale eine Spur der Verwüstung. 1550 erwarb Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach das Gebiet als Reichslehen, welches daraufhin im Zweiten Markgrafenkrieg 1553 zwischen die Lager von Albrecht Alcibiades und König Ferdinand geriet. Auch in Zell wütete der Dreißigjährige Krieg, brannte Häuser nieder, erschlug Frauen und Kinder und ließ die Einwohner zusehends verrohen.

Nach dem Tod des Markgrafen Friedrich Christian, dem letzten Nachfahren von Albrecht Alcibiades, am 20. Januar 1769, übernahm sein nächster Verwandter, der Markgraf von Ansbach Karl Alexander auch die Regierungsgeschäfte. Kinderlos und ohne Thronerben hatte, schloss der Markgraf im Januar 1791 ein Bündnis mit dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. und überschrieb ihm die fränkischen Markgrafschaften. So kam Zell am 28. Januar 1792 unter die Preußen. 15 Jahren später beendeten jedoch die Napoleonischen Kriege Preußen Herrschaft und Zell fiel mit den Verträgen des Tilsiter Friedens 1807 mit der Markgrafschaft an Frankreich, 1810 an das junge Königreich Bayern.

Fast 700 Jahre nach der ersten Erwähnung von Zell beantragte die Gemeinde 2006 ein förmliches Namensergänzungsverfahren mit der Bezeichnung Zell im Fichtelgebirge welches seit dem 15. Juli 2007 gilt.

Münchberg

Die ersten Siedlungsspuren von Münchberg sind nicht eindeutig nachweisbar und werden um das Jahr 1000 vermutet, die schon in karolingischer Zeit als Rastplatz zwischen dem Obermaintal und Sachsen diente. Ebenso angezweifelt wird, ob der Ort auf ein 1224 von Mönchen gegründetes Munchiberc abgeleitet werden kann. Zwischen 1220 und 1240 erwarben die Herren von Sparneck das Dorf und verliehen ihm recht zügig das Marktrecht. In dessen Folge blühte der Flecken auf und verschiedene Handwerksbetriebe wie Bäckereien, Fleischereien und Brauereien siedelten sich an. In einer Urkunde vom 7.Januar 1298 wird Münchberg erstmals als Stadt bezeichnet und die von Sparneck gaben eine Stadtmauer in Auftrag. Es klingt wie das allübliche Muster.

Etwa um 1300 erweiterten die Burggrafen von Nürnberg ihren Besitz, ließen ihren Geldbeutel und guten Kontakt zum Kaiser Ludwig der Bayer spielen und erhielten von diesem das Recht, das nahe Mussen zur Stadt auszubauen. Um der nahenden Konkurrenz zuvorzukommen, verliehen die Sparnecker ihrem Münchberg am 13. Juli 1364 die Nürnberger Stadtrechte. Im Februar 1373 verkauften sie jedoch einen Teil der Stadt an Burggraf Friedrich V. Ab 1381 gehörte die Stadt dann vollständig den Burggrafen von Nürnberg. In einem Erbvertrag legte Friedrich V. 1385 fest, dass sein Besitz an seine Söhne aufgeteilt werden sollte und Münchberg fiel zum so genannten Oberland, aus dem sich später das Fürstentum Bayreuth entwickelte.

Hussitenkriege und ein Jahrhundert später, beschloss der Landtag unter Markgraf Kasimir am 26. September 1524 im Zuge der Reformation, die Lehre Martin Luthers zuzulassen. Doch erst fünf Jahre später feierte der erste evangelische Pfarrer Johann Schmidt die erste deutschsprachige Messe in Münchberg. Am 6. Juli 1534 wurde Münchberg durch ein am Oberen Stadttor ausgelöstes Großfeuer nahezu vollständig zerstört, wieder aufgebaut und fiel, keine einhundert Jahre später am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges, am 8. März 1617 wieder einem Großbrand zum Opfer. Von den ersten Kriegsjahren blieb das oberfränkische Städtchen weitestgehend verschont. Doch die unumgänglichen Einquartierungen und der Beitritt des Fürstentums Bayreuth an die Seite Schwedens verstrickte auch Münchberg in das Chaos des Krieges. Verbündete und Gegner setzten dem kleinen Ort gleichermaßen zu. Raub, Mord und Plünderungen waren an der Tagesordnung. Die eingeschleppte Pest tat ihr Übriges. Die Stadt lag in Schutt und Asche und brauchte Jahrzehnte, um sich von den Zerstörungen zu erholen.

Doch es ging wieder bergauf und zwei Generationen später wurden die Handelswege wieder so stark genutzt, dass an der durch Münchberg führenden Handelsroute Nürnberg-Leipzig im Januar 1693 eine Poststation eingerichtet wurde. Allerdings hielt sich der Münchberger Brandschutz in Grenzen und im September 1701 vernichtete erneut ein Großbrand Häuser und Ställe, Stadtkirche, beide Schulen und die Pfarrhäuser. Die Franken schienen das Pech gepachtet zu haben, zerstörte doch der nächste Großbrand im August 1729 wieder weite Teile der Stadt. 1769 erlosch die Bayreuther Markgrafenlinie und das Fürstentum Bayreuth ging an Markgraf Karl Alexander von Brandenburg-Ansbach, der beide Fürstentümer verwaltete der Familie verwaltete. Unter der preußischen Krone erlangte die Münchberger Baumwollweberei große Bedeutung und Abnehmer in Sachsen, Süddeutschland, Böhmen, Italien und der Schweiz.

Napoleons Aufstieg und die nachfolgenden Kriegszüge beendeten die preußische Zugehörigkeit. Im Oktober 1806 marschierten Napoleons Truppen durch Münchberger Gebiet, kampierten etwa 40.000 Mann unter Marschall Soult in und um die Stadt, plünderten und requirierten Vieh und Nahrungsmittel aus den umliegenden Dörfern. Preußen musste 1807 nach vernichtenden Niederlagen im Frieden von Tilsit das Fürstentum Bayreuth endgültig an das französische Kaiserreich abtreten und der Code Napoleon, das französische Gesetzbuch zum Zivilrecht, trat in Kraft. Aufgrund dessen wurde am 12. Dezember die Leibeigenschaft formal aufgehoben. Die Schlachten hielten in den folgenden Jahren an. Aus den Napoleonischen Kriegen entwickelten sich die Befreiungskriege und durch Verkauf endete am 30. Juni 1810 die Existenz des Fürstentums Bayreuth und Münchberg kam zum Königreich Bayern.

Die Wirtschaftskrise traf besonders die Textilindustrie hart. Arbeitslosigkeit und Hyperinflation grassierten wie in der gesamten jungen Weimarer Demokratie. Kostete ein Brot im Oktober 1922 noch 14 Reichsmark, waren es im Oktober 1923 680 Millionen. Einen weiteren Weltkrieg weiter kapitulierte Deutschland am 8. Mai 1945 bedingungslos und Deutschland wurde für 40 lange Jahre in getrennt. Das bayrische Städtchen, das tausende Vertriebene aus den Ostgebieten aufnehmen musste, fiel unter amerikanische Besatzung und somit in den Westteil des Landes. Am Tag nach dem Mauerfall, den 10. November 1989, strömten Millionen DDR-Bürgern mit ihren Trabants und Wartburgs, Skodas und Ladas, die grenznahen Städte wie Münchberg. Ein knappes Jahr waren beide deutschen Länder wieder auf dem Weg zusammenzuwachsen.

Schwarzenbach

Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth verlieh dem Ort 1610 die Marktrechte. Das ehemalige Amt des seit 1792 preußischen Fürstentums Bayreuth fiel 1807 an Frankreich und drei Jahre später zu Bayern. Besitzer des Rittergutes waren zu dieser Zeit die Fürsten von Schönburg-Waldenburg. 1844 wurde Schwarzenbach durch König Ludwig von Bayern zur Stadt erhoben. Einhundert Jahre, zwei Weltkriege und zwei deutsche Reiche später, wurde am Karfreitag 1948 in der St.-Gumbertus-Kirche die Christusbruderschaft Selbitz gegründet.

Hof

Die schriftliche Geschichte des östlichen Frankens beginnt nach der Zeit der Völkerwanderung, als sich der Nordgau nördlich der Donau entwickelte. Bei dem heutigen Hof grenzten die Bistümer Naumburg, Regensburg und Würzburg aneinander. Den Missionierungs- und Eroberungsbestrebungen gedankt, wurde im Nordosten des neuen Bistums Bamberg die Großpfarrei Hof gegründet. In der Nähe der Flussmündung Regnitz in die Saale standen Siedlungshäuser eines 1214 urkundlich erwähnten „Rekkenze“.

Otto I. von Andechs ließ um 1230 nördlich der Bauernsiedlung eine neue, mit Mauer und Toren befestigte Siedlung anlegen – der „Hof Regnitz“. Bis 1373 war Hof im Besitz der Vögte von Weida, ging von diesen an die Burggrafen von Nürnberg über und so Teil des hohenzollerischen Markgraftums Brandenburg-Kulmbach. In den Hussitenkriegen wurde die Stadt 1430 schwer zerstört. In der Folge wurde 1432 die Hofer Schützengilde gegründet. Luthers Reformation griff 1529 nachhaltig auf Franken und Hof über und Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach verordnete den neuen Landesglauben. Der weitsichtige Landesfürst gründete 1546 das heutige Jean-Paul-Gymnasium, eines der ältesten Gymnasien in Oberfranken. Sieben Jahre später wurde Hof im Zweiten Markgrafenkrieg von nürnbergischen und königlich-böhmischen Truppen unter Heinrich IV. von Plauen belagert und eingenommen. Hof wurde nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges Zufluchtsort für vertriebene Protestanten vor allem aus Österreich und Böhmen. Wie der Rest Oberfrankens kam Hof 1792 mit der Markgrafschaft Brandenburg-Bayreuth an das Königreich Preußen, wurde 1806 von den Franzosen besetzt und 1810 an das junge Königreich Bayern verkauft.

Im April 1945 wurde die Saalestadt mehrfach bombardiert und am 15. April 1945 von der US-Armee auf ihrem Vormarsch nach Eger und Westböhmen besetzt. Durch die Verträge von Jalta und die folgenden Besatzungszonen wurden die Verbindungswege nach Thüringen, Sachsen und Böhmen unterbrochen und Hof geriet geografisch bis zur deutschen Wiedervereinigung ins Zonenrandgebiet.

Hirschberg

Nur noch einige Mauerreste zeugen heute von der mittelalterlichen Burg, die den Saaleübergang schützen und in dessen Schatten sich die Stadt Hirschberg entwickeln sollte. Die erste schriftliche Erwähnung des Ortes reicht in das Jahr 1154 zurück. Drei Generationen später wird ein Rudegerus von Hirschberg in den Annalen erwähnt, dem ein ständiger, aber gut notierter Besitzerwechsel folgen soll. Rudolf von Habsburg erwarb 1296 die Anlage und verpfändete diese an die Vögte von Plauen. 1357 wurden die Wettiner als Besitzer eingetragen, zwei Jahre später die Böhmen. Dem Geschlecht der von Beulwitz gehörte die Burg 1480 bis 1664. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ seine Spuren, worauf ein Heinrich X. von Reuß-Lobenstein-Ebersdorf 1664 neuer Besitzer wurde und die Anlage renovieren ließ. In den Folgejahren wurde die Feste als Residenz genutzt. Doch es gab zu wenig Platz und zu viel Geld und so wurde ein neues Schloss in Auftrag gegeben, welches 1825 ausgebaut werden sollte. Hirschberg indessen blieb bis 1808 böhmisches Lehen. Revolutionen, Wirtschaftskrisen und einige Kriege später fielen Ort und Einwohner unter sowjetische Besatzung.

Die 1741 gegründete Hirschberger Lederfabrik, zeitweilig größter Fabrikant von Schuh- und Sohlenleder in Deutschland, wurde 1947 verstaatlicht, bildete jedoch als VEB Lederfabrik weiterhin den wirtschaftlichen Mittelpunkt im Saaletal. Nach der Wende sah sich die Traditionsfirma gezwungen, Konkurs anzumelden und bis auf das heutige Museum wurden die Gebäude, die selbst dem Sozialismus getrotzt hatten, abgerissen.

Mödlareuth

Der ehemals slawischen Siedlung Mödlareuth am Tannbach, einem kleinen Zulauf der Saale, sollte in den Jahren der deutschen Teilung ein besonderer Stellenwert zuteilwerden. Als im Frühmittelalter Franken und Sachsen nach Osten expandierten, kämpften und missionierten, verschoben sich Grenzen und slawische Siedlungsgebiete. Mit der Verlegung des Bischofssitzes Zeitz nach Naumburg und der Gründung des Bistums Bamberg im Jahr 1007 auf Anordnung Kaiser Heinrichs II. trat der Tannbach in die Annalen ein. Urkundlich erstmals am 19.Februar 1289 erwähnt, wuchs der Ort Mödlareuth mit seinen Gehöften und Einwohnern rechts und links des Baches. Im 16. Jahrhundert legten emsige Beamte den Tannbach als Grenze zwischen der Markgrafschaft Bayreuth und der Grafschaft Reuß-Schleiz fest. Doch den Ort einte über Jahrhunderte mehr als ihn trennen sollte. Es gab nur eine Schule und ein Wirtshaus, die sich auf reußischer Seite befanden. In die Kirche ging man gemeinsam in das drei Kilometer entfernte Töpen auf bayrischer Seite.

Alles änderte sich jedoch mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. 1945 fiel Thüringen mit dem ehemaligen Fürstentum Reuß unter sowjetische und Bayern unter amerikanische Besatzung. Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 und der darauf folgenden Gründung der Deutschen Demokratischen Republik verlief die Grenze der beiden deutschen Staaten durch den Ort. In den folgenden Jahren sollte sich der Eiserne Vorhang bleiern auf den Tannbach legen.

Ab 1952 begann die DDR, die innerdeutsche Grenze mit Sperranlagen zu versehen. Ein übermannshoher Bretterzaun wurde 1958 durch einen Stacheldrahtzaun ersetzt, der 1966 wiederum durch eine Betonmauer grenztechnisch optimiert wurde. Der schmale DDR-Teil wurde hochgerüstet. Flutlichter, Sichtschutzwände, Panzer, Stacheldraht und Selbstschussanlagen verschärften die Bewachung des Dorfes bei Tag und Nacht. Auf westdeutscher Seite entwickelte sich die Mauer zu einer Touristenattraktion. Selbst der amerikanische Präsident Ronald Reagan besuchte „Little Berlin“. Erst nach 37 Jahre und etwas mehr als fünf Monaten, länger als die Mauer in der deutschen Hauptstadt bestand, wurde auf Druck der Mödlareuther am 9. Dezember 1989 ein Grenzübergang für Fußgänger eröffnet.