BURG QUERFURT

 „Da ist nichts als Morden, Brennen, Plündern, Peinigen, Prügeln gewesen Insonderheit hat ein Jeder von den Feinden nach vieler und großer Beute gefragt alsdann ist die Noth erst angegangen. Da haben sie angefangen zu prügeln, ängstigen, gedrohet zu erschießen, spießen, henken, etc. “, notiert der Magdebur-ger Ratsherr Otto Guericke nach dem Trauma des Magdeburger Massakers im Mai 1631. Die Grausamkeiten des 30jährigen Krieges hetzen von einer blutigen Katastrophe zur anderen. Verlauf und Charakter des Krieges ändern sich, je länger er dauert. Besonders Ortschaften an alten Handelswegen und Heerstraßen sind von ständigen Truppenbewegungen betroffen. Auch Querfurt wird von diesem Strudel erfasst und hin und her geschleudert. Das kleine Städtchen mit seinen trutzigen Mauern und der mächtigen Burg liegt seit ewigen Zeiten an der Kupfer- und Weinstraße, die den Harz mit den großen Städten des Südens und Westen verbindet. Das Provinzstädtchen ist mit dem „teutschen Jerusalem“, wie Magdeburg ehrfürchtig genannt wird, schon seit Jahrhunderten enger verbunden als es der Eindruck heute zulässt.

Ein Leben im Krieg. Generationen werden entwurzelt. Die kleine Stadt an der Querne wird verwüstet und verliert die Hälfte seiner Einwohner. Nach dem offiziellen Kriegsende 1648 bleiben schwedische Besatzungstruppen noch zwei Jahre auf der Burg, die in ihrer Geschichte jedoch nie erstürmt wird.

Erste Siedlungen, erste urkundliche Erwähnung und die ersten „Edlen Herren“

Es ist ganz klar, dass die eigentliche Geschichte Querfurts und seiner Burg bereits Jahrhunderte vor dem Desaster des 30jährigen Krieges beginnt. Im Grunde genommen auch nicht direkt am Quernebach, sondern gut 25 Autominuten südlich im heutigen Burgenlandkreis. Noch kennt man den Begriff der Kreisgrenzen nicht. Doch der „älteste Nachweis menschlicher Begehung in Sachsen-Anhalt“ wird durch Funde eines 320.000 Jahre alten Rastplatzes auf den Unstrutwiesen in der Nähe des heutigen Wangen erbracht. Im ehemaligen Kornhaus der Burg wird im Mai 1990 die Ausstellung zur Ur- und Frühgeschichte, von der Holsteinwarmzeit bis zur Völkerwanderung, mit weiteren Fundstücken aus dem Kreis eröffnet.

Die Jahrhunderte vergehen. Die Bronzezeit löst in Mitteleuropa die Jungsteinzeit ab und treibt unsere Vorfahren in einen rabiaten Umbruch ihrer bisherigen Lebensweise, der sich mit den Veränderungen im heutigen Informationszeitalter vergleichen lässt. Während im Vorderen Orient das erste Kupfer verarbeitet wird, entsteht, den Forschungen der 1990er Jahre sei Dank, in der Nähe von Goseck ein Sonnenobservatorium.

Der Bau existiert wahrscheinlich nicht mehr, als vor 3.600 Jahren eine Bronzescheibe gefertigt wird, die später als „Himmelsscheibe von Nebra“ für lokalpolitischen Diskussionsstoff sorgt und Archäologen, Interessierte und Gerichte auf unterschiedliche Weise beschäftigt.

Doch bevor es soweit ist, dringen um die Mitte des 1.Jahrhunderts slawische Volksstämme in die Lebensräume der germanischen Hermunduren vor und siedeln auf kleinen Lichtungen oder Hügeln der dichten Urwälder. Friedlich und konsequent. Der Zusammenschluss der Hermunduren mit den Stämmen der Angeln und Warnen um diese Zeit ist die Geburtsstunde der Thüringer. Die ehemals große Volks- und Fluchtburg am klaren Bachlauf der Querne wird eventuell in jenen Jahren errichtet. Auch wenn fundierte archäologische Aussagen fehlen, so ist aufgrund siedlungshistorischer Erfahrungen anzunehmen, dass bald die erste bäuerliche Siedlung entsteht.

Die Burganlage findet ihre erste schriftliche Erwähnung im Hersfelder Zehntverzeichnis. Doch schwanken hier die Angaben zwischen den Jahren 860 und 899. In jenen Jahren werden Abschriften von Urkunden kopiert, die Karl der Große zwischen 772 und 780 anfertigen ließ. Mit diesen Urkunden schenkt der Franke dem Kloster Hersfeld das Recht auf den weltlichen Zehnt und dazu die Siedlung „Curnfurde“ und „Curnurdeburg“. Eine genaue Datierung ist nicht möglich, doch findet im Jahr 1988 die 1.100 Jahrfeier Querfurts statt.

Nebenbei. Der Zehnt war, wissenschaftlich erläutert, „die in Naturalien zu leistende Abgabe, der 10. Teil des Rohertrags“. Zuerst wurde er nur als Kirchenzehnt erhoben, später als „weltlicher Zehnt“.  Erst im 19. Jahrhundert wurde der Zehnt in eine sogenannte Geldrente umgewandelt oder aufgehoben. Das Zehntverzeichnis dient noch heute Forschern und Historikern als wichtige Quelle. Aufgrund der vielen Güter der Abtei Hersfeld in Nordthüringen ist dieses Zehntverzeichnis das Nonplusultra für die Historie dieser Gegend.

Querfurter Missionare, Kanzler, Kaiser und die Dynastie im Deutschen Reich

Im Jahr 919 beginnt das Jahrhundert der Sachsen. Heinrich aus dem Hause der Liudolfinger setzt sich an die Spitze und wird am 12.Mai zum deutschen König gewählt. Der König subventioniert mit seinem Förderpro-gramm die Entwicklung und den Aufbau im Osten. Zahlreiche Waldrodungen und Gütervergrößerungen sind die Folge. Mit dem Sondererlass „Burgenbau“ von 926 treibt der Sachse den Bau der Verteidigungsanlagen zielstrebig voran. So wird auch die Querfurter Anlage, die aus einer fränkischen Gründung hervorgeht, ausgebaut. Die Burg wird, urkundlich nachweisbar, unter die Herrschaft der „Edlen Herren“ (nobiles domini des Querenforde) gestellt.

Heinrich I. begründet in wesentlichen Elementen das spätere „Imperium Romanorum“. Nach seinem Tod 936 in der Pfalz Memleben folgt ihm aus zweiter Ehe sein Sohn Otto, der als Kaiser seinen Vater überflügeln wird.

„Quernvordiburch“ führt vorerst ein Schattendasein. Erst am 20.Mai 975 wieder wird der kleine Stützpunkt in einer Urkunde Otto II., Enkel Heinrichs I., neben anderen Orten im Hassegau und Friesenfeld erwähnt.

Im Mittelalter wird, wie in den meisten Epochen, Zeiten und Diktaturen, nichts dem Zufall überlassen. Machtansprüche, Erbfolge, Besitzungen und Lehen werden nur an engste Vertraute oder Verwandte übergeben. Gegen innenpolitische Fehden wird ebenso geschickt und hart vorgegangen, wie die eigene Machtposition gesichert und ausgebaut wird. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die „Edlen Herren“ von Querfurt entfernte Verwandte der Ottonen sind. Die Familienbande geht direkt bis zu Heinrichs I. Gemahlin Mathilde. Brun, Graf von Arneburg, ist der erste Edle, der in der Geschichte auftaucht. Dessen Enkel, Brun von Querfurt, wird zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des Mittelalters.

Gemeinsam mit Thietmar von Merseburg wird er an der Magdeburger Domschule ausgebildet und macht Karriere am Hof Kaiser Otto III. In ihren Schriften beklagen Thietmar und Brun die Politik des jungen Kaisers, der das Reich von Rom, statt von den sächsischen Kernlanden aus regiert. Von der Vision der Missionierung übermannt, lässt sich Brun im Herbst 1002 von Papst Silvester II. zum „Erzbischof der Heiden“ ernennen. Zwei Jahre später stiftet der Querfurter die Burgkirche und gründet ein Chorherrenstift. Ende 1008 schlägt er Warnungen Kaiser Heinrich II. aus; bricht im Jahr darauf ins Gebiet der heidnischen Pruzzen auf und wird im März mit 18 Gefährten in der Nähe des heutigen polnischen Ortes Gizycko (Lötzen) erschlagen. Für heutige Verhältnisse nur schwer nachzuvollziehen. Doch der ersehnte Märtyrertod ist für jene Jahre „normal“. Noch bis zur Reformation hält sich der Kult des heilig gesprochenen Brun in Querfurt. 2009 soll der tausendste Todestag in Querfurt und Gizycko gefeiert werden.

Dem heiligen Brun folgen weitere wichtige Persönlichkeiten der Geschichte. Wie der Enkel der Ida von Querfurt, Lothar von Supplinburg. Der Sachse wird 1125 zum deutschen König gewählt und 1133 zum Kaiser des Reiches. Aber auch der Magdeburger Erzbischof Konrad schreibt aktiv Geschichte und stammt vom Querfurter Adel ab. Konrad überträgt 1136 seinem Bruder Graf Burchard das Magdeburger Burggrafenamt und die damit verbundene Hochstiftsvogtei. Die Würde wird die nächsten 150 Jahre in den Händen der Querfurter liegen.

Man schreibt die hohe Zeit der Kreuzzüge. 1189 sind die Vorbereitungen für den 3.Kreuzzug abgeschlossen. Auch Sachsen und Thüringer sind marschbereit. 1190 fällt Burchard III. aus dem Hause Querfurt in Palästi-na. Sein Bruder Konrad wird Kanzler der staufischen Kaiser Heinrich VI. und dessen Bruder Philipp. 1197 wird Konrad in Italien zum Bischof geweiht und bricht am 01.09. ins heilige Land auf. Im kaiserlichen Auftrag krönt er auf seiner Reise Amalrich II. von Lusignan zum König von Zypern. Am 05.März 1198 erhebt der Querfurter noch das Deutsche Hospital St.Maria in Jerusalem zum Deutschen Ritterorden. Konrad ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Doch dieser ist von tragischer Kürze. Im Dezember 1202 wird der Bischof auf dem Weg zum Würzburger Dom von Bodo von Ravensburg erschlagen. Das vorbereitete Mordkomplott schlägt hohe politische Wellen, doch bringt es Konrad nicht mehr ins Leben zurück.

Das Ende der Dynastie, Ausbau der Wehranlagen und im Besitz des Erzbistums Magdeburg

Das kleine Städtchen am Quernebach entwickelt sich im Schatten der Burg emsig weiter. Die große Politik jedoch wird nun an anderen Orten geschrieben. Über die Siedler, Handwerker, Bauern, Kaufleute schweigen die Chroniken vorerst.

Ein langer Winter und der folgende nasse und kühle Sommer sind 1125 Ursache für die einsetzende Inflation und den elenden Tod eines Drittels der Menschen. Mehr als üblich, wird in den Pfarrbüchern der Tod von Kindern, Schwachen und Alten vermerkt. Danach schweigen sich die Bücher lange Zeit über den Flecken an der Querne aus.

1246 wird Heinrich Raspe von Thüringen zum Gegenkönig des Staufers Friedrich II. gewählt und geht als Pfaffenkönig in die Geschichte ein. Die große Zeit der Staufer neigt sich wie die der Kreuzzüge dem Ende. In den Urkunden des Jahres 1289 findet man erst wieder den Nachweis, dass der Habsburger König Rudolf I. in Querfurt weilt und der Herrschaft weitere Privilegien verleiht.

Das 14.Jahrhundert wird geprägt von Elend, Not und Verderben. Die Pest wütet 1305 in der Stadt und reißt zahlreiche Menschen in den Tod. „Die Geißel des Mittelalters und Strafe Gottes“ macht keinen Unterschied zwischen angesehenen Bürgern und Lumpen. Zweimal noch, 1312 und 1317, tobt sie sich in der Stadt aus.

Als 1334 zum erstenmal in der Geschichte der Kriegstechnik ein Geschütz abgefeuert wird, bricht auch für die Querfurter eine neue Ära an. Einen jahrelangen Streit um verschiedene Besitzrechte beenden die „Edlen Herren“ und die Grafen von Mansfeld 1356 friedlich.

Doch den Querfurtern ist, selbstverständlich, an weiteren Land- und Machtgewinn gelegen. So erweitern sie mit einem kühnen Federstrich am 18.10. des Jahres 1390 ihre Besitzungen unter anderen auch um die Stadt Artern. Das Interessante dabei ist, dass die Bürgerschaft erst wenige Jahre zuvor das Stadtrecht erworben hatte. Der Kauf ist ein Höhepunkt für die Querfurter und wird zwischen Brun VIII. und Gerlach von Heldrun-gen beurkundet. Doch der Haushaltsetat des Querfurter Geschlechts schrumpft in den folgenden Jahren bedenklich schnell und so sehen sich die Grafen genötigt, immer wieder Besitzungen zu veräußern. 1448 werden sieben auf einen Streich, darunter auch Artern, an den Hohensteiner Grafen verkauft.

Doch noch schnell einige Jahre zurück. 1396 wird eine Erbvereinigung zwischen den Edlen von Querfurt und den Grafen von Mansfeld unterzeichnet. Darin wird festgelegt, dass, falls eines der beiden Adelsgeschlechter ohne Erben bliebe, das andere das Lehen erben solle. Zur Erklärung. Das Lehen bestand meist in Grundbesitz und wurde mit den Nutzungs-, nicht mit Eigentumsrechten verliehen. Vier Jahre später schließen Querfurter und Mansfelder ein Bündnis mit den Hohensteiner Grafen.

Die Welt des Spätmittelalters ist von moralischem und geistlichem Verfall gekennzeichnet. Glaubenskrisen und –kriege sind die Folge. Obwohl die thüringischen Lande in den Einflussbereich des Wettiner Hauses geraten, führen doch die häufigen dynastischen Teilungen zu einer überaus instabilen politischen Lage. 1419 entbrennen im heutigen Tschechien die Hussitenkriege und lassen auch die Menschen im mitteldeutschen Raum weiter in eine kriegsschwangere Zukunft blicken. 1425 werden die Wehranlagen der Burg verstärkt. Als die Hussiten 1429/30 bis in die Gegend vor Magdeburg vordringen, wird vor allem das offene Land schwer getroffen.

Im sächsischen Bruderkrieg wird Querfurt, unter der Herrschaft Kursachsens, stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Naumburger Friede 1451 beendet die blutigen Streitigkeiten. 1450 ist der Edle Brun von Querfurt pleite und muss Stadt und Burg für 10.000 Gulden verpfänden. Trotzdem wird weiter an der Burg gebaut. Im ausgehenden 20.Jahrhundert wird der Historiker Reinhard Schmitt nach langjährigen Untersuchungen den Baubeginn der Querfurter Rondelle auf die Zeit nach 1450 datieren.

Glaubenskrise, Reformation und auf dem Weg in die Hölle

1488 werden in Querfurt die ersten Geschütze gegossen. Grund für die Mobilmachung sind die Auseinandersetzungen der Querfurter Herren mit dem sächsischen Herzog, die ihren Ursprung bereits sechs Jahre zuvor genommen haben. Der Chronist Spangenberg vermerkt 1590 dazu: „Vnd vmb dieselbige Zeit, Anno 1488, hat er (Brun IX. A.d.R.) seinem Herrn Vater so lange in Ohren gelegen, bis er ihn vberredet, auch etliche Stück Büchsen giessen zu lassen . Doch bereits in früheren Aufzeichnungen werden 1477 Geschütze Bruns von Querfurt genannt, die er bei der Besetzung Quedlinburgs zur Verfügung gestellt hatte. Ungeklärt ist, ob diese gekauft oder selber gegossen wurden.

Noch ist Christopher Columbus mit seinen Vorbereitungen zu seiner Entdeckungstour der „Neuen Welt“ beschäftigt, stirbt am 26.02. 1496 der letzte Querfurter Edelherr Brun VIII. an der Pest. Querfurt fällt, da keine männlichen Erben vorhanden sind, an das Erzbistum Magdeburg. In den Inventurverzeichnissen „findet man an büchssen pulver vund salpeter Item noch eyne eyserne büchsse vff eyn Karren gefast. Item eyn Morser, gefast . An Büchsen sind insgesamt 153 Stück erfasst.

Mehrere Verpfändungen des nun Magdeburger Amtes sind in den Annalen überliefert, so 1515 an Wolf von Schönburg zu Glauchau und Waldenburg. Prägend für die Anlage ist das Wirken Kardinals Albrecht von Brandenburg. 1524 verfügt er den Ausbau des Marterturms, 1528 des Fürstenhauses und von der Fertigstellung des Rüst- und Kornhauses seit 1535 kündet eine Inschrifttafel am Gebäude.

Noch eine Bemerkung zum Marterturm. Der älteste Beleg stammt aus dem Jahr 1498. Allerdings unter der Bezeichnung „Paradistorm“. Erst im ausgehenden 17.Jahrhundert ist vom „Roten Turm“ die Rede, was eventuell auf Gerichtsräume im 30jährigen Krieg hinweist. Der erste schriftliche Nachweis für den „Marterturm“ erfolgt erst 1845.

1502 gründet Kürfürst Friedrich der Weise die Universität Wittenberg. Fünf Jahre später schreibt sich ein „Clemens Bremen de querffort“ in das Wintersemester des Wittenberger Universitätsmatrikel ein. Ihm folgen an die später durch den Eislebener Doktor Martin Luther berühmt, berüchtigt gewordene Universität, weitere Querfurter Studenten.

Die Einheit von Glauben und Wissen früher Lehrjahre ist am Ende des Mittelalters gesprengt. Unmoral, Verbrechen und Ausschweifungen kennzeichnen den Verfall der Mönche und Geistlichen. Maßlose Abgaben und tiefe Abhängigkeit bestimmen das Leben der Bauern im Heiligen Römischen Reich.

Thomas Müntzer, der radikale Rebell aus dem Harz, predigt seit dem April 1523 in Allstedt. Viele Querfurter zieht es hinüber in die Kirche St.Johannis, wo Müntzer das Wort Gottes in deutscher Sprache verkündet. Es ist der Bruch eines Dogmas. Die beginnenden Aufstände der Bauern in der Querfurter Herrschaft 1525 werden jedoch auf Befehl des Erzbischofs von Magdeburg Kardinal Albrecht im Keim erstickt. Bei der Plünde-rung des Klosters Marienzell durch Loderslebener Bauern nehmen auch zwei Querfurter teil, die daraufhin ins Gefängnis gesperrt werden. Am 01.September veranlasst der Kardinal Albrecht eine Strafverschreibung der Stadt. Bürgermeister und Rat der Stadt werden zur Zahlung von 4000 Gulden wegen „Verfehlungen in der Empörung“ gezwungen.

Die Zuspitzung der Glaubenskrise und die erste Querfurter Chronik

Im Sommer 1530 wird auf dem Reichstag in Augsburg die „Confessio Augustana“, die Augsburger Konfession, vorgetragen. Es ist das Glaubensbekenntnis der Lutheraner, welches die tiefe Spaltung der Kirche kennzeichnet und ein weiterer Schritt zum großen Krieg wird, der 100Jahre später das Land verwüsten wird.

Doch bevor es soweit ist, wird 1542 in Querfurt die erste evangelische Predigt durch Pfarrer Paceus in deut-scher Sprache gehalten. Paceus allerdings wird rückfällig und kehrt später zum katholischen Glauben zurück.

Die Glaubensgegensätze zwischen dem katholisch kaiserlichen und dem protestantischen Lager enden in einer diplomatischen Sackgasse und werden im Schmalkaldischen Krieg blutig ausgetragen. Im April 1547 kommt es zur Schlacht bei Mühlberg an der Elbe, in der die kaiserlichen Truppen siegen. Einige Tage später, am 06.05., wird Stadt und Burg am Quernebach von Just Hacke, anderen Adligen und 70, mit Hakenbüchsen bewaffneten Soldaten, eingenommen. Der Trupp zieht weiter, Querfurter Wertsachen und Vieh im Gepäck. Als Kaiser Karl V. im Juli vor Halle liegt, versorgen sich seine spanischen Truppen mit Proviant und Futter in der Stadt. Zum besseren Verständnis muss erwähnt werden, dass Karl, römisch-deutscher Kaiser, unter anderem auch König von Spanien ist.

Wie dem auch sei. 1590 wird die „Qernfurtische Chronica“ von Cyriacus Spangenberg veröffentlicht. Span-genberg, der am 10.Februar 1604 stirbt, gibt in dieser einen „Historische[n] Bericht von der Alten und Löblichen Herrschaft Quernfurt in Sachsen/ Und  was sich in derselben/ und darneben an der Saal und Unstrut/ und sonst für dem Hartz/ vor und nach der Geburt Christi/ mit Kriegen/ Zügen und Schlachten/ durch die Römer/ Schwaben/ Franken/ Ungarn/ Wenden/ und Behemen zugetragen". Spangenberg beschreibt als erster auch die Baugeschichte der Rondelle der Festungsanlage: „Daher Herr Brun beweget worden, die Burg etwas besser an etlichen örtern zu befestigen, mit Mauren und Graben, welches auch ein alter gehawener Stein, oben an der fördersten Pasteien, gegen der Stadt werts, bezeuget.“

Die konfessionellen Auseinandersetzungen halten derweil an. Der Augsburger Religionsfriede 1555, die Auflösung des Reichstages 1608 oder der Majestätsbrief von 1609 sind einige Meilensteine welche die verfahrene Situation markieren. Es ist ein buntes und gefährliches Wirrwarr an politischen Änderungen, die im Reich ablaufen. Die protestantische Union wird 1608 gegründet und 1621 wieder aufgelöst. Selbstverständlich wird die katholische Liga als Gegenpol gegründet. Die Ereignisse, die den Weg zum 30jährigen Kriege markieren, sind in jedem guten Geschichtsbuch detailliert beschrieben. Als historische Größe dient der Prager Fenstersturz am 23.05.1618 als Kriegsauslöser. Der mitteldeutsche Raum ist als Kerngebiet der Reformation, mit Ausnahme Erfurts und des Eichsfelds, rein protestantischer Konfession.

Die religiösen Gegensätze werden sich wie ein Flächenbrand über den europäischen Kontinent ausweiten. Anfangs kämpfen noch Union gegen Liga, Protestanten gegen Katholiken, schwarz gegen weiß. Das deutsche Reich im Herzen des alten Kontinents wird die heftigsten Schläge erhalten und im Verlauf der nächsten Jahrzehnte am verheerendsten zerstört werden. Später werden machtpolitische Fragen Verlauf und Charakter des Krieges bestimmen. Die Rettung des nackten Lebens wird zum einzigen Lebensinhalt zerstörter Generationen. Im Mittelpunkt stehen der Habsburger Kaiser Ferdinand II. und seine protestantischen Gegner, allen voran im Schwedischen Krieg der „Löwe aus Mitternacht“, Gustav II. Adolf. Den Auseinandersetzungen geschuldet, wird der 30jährige Krieg in vier Phasen eingeteilt. Der Krieg zwischen Böhmen und der Pfalz bestimmt die erste Phase.

Krieg aller Kriege, Steuererhebungen und im Fadenkreuz der Truppenbewegungen

Die ersten Schlachten des Böhmisch-Pfälzischen Krieges finden noch weitab der fruchtbaren Querfurter Äcker und wildreichen Wälder statt. Doch bald schon sollen die ersten Panzerreiter, Pikeniere und Doppelsöldner die Heerstraßen der sächsischen Lande betreten. Söldnerführer und Condottioniere – Kriegsunternehmer – schreiben sich in blutigen Scharmützeln, Überfällen und großen Schlachten in die Bücher der Kriegsgeschichte ein. Christian von Braunschweig, „der tolle Halberstädter“, und Ernst II. Graf zu Mansfeld beispielsweise stehen auf protestantischer Seite und sterben 1626. Erster vermutlich aufgrund seines unsteten Lebenswandels. Der Mansfelder hingegen, schwer von einer Krankheit gezeichnet, in einer eigens dafür inszenierten Show.

Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein wird der größte Kriegsherr seiner Zeit. Aber auch der umstrittendste. Noch Jahrhunderte später werden sich an ihm die Geister scheiden. Es ist die Zeit der Mächtigen und Profiteure, Einfachen und Drahtzieher, Agenten, der Wipper und Kipper. Pestilenz und heilige Inquisition ziehen durch das Reich und machen auch Station in Querfurt.

Die Last der Fron wird nicht von den Schultern der Bauern genommen. “Wann der Krieg angehet, so werden die Bauern-Unterthan geschoren; währet er länger, werden sie geschunden“ beschreibt ein Spruch die Lage. Bauern und Soldaten sind die wirklichen Todfeinde im Krieg. Dem Landvolk bleibt nur Flucht oder Guerillakrieg.

Die ersten Kriegsstrahlen erfassen das Magdeburger Erzbistum 1623. Bedingt durch die Kämpfe und die zu Beginn der 1620er Jahre einsetzende Inflationswelle erhebt der Administrator des Magdeburger Erzbistums, der Brandenburger Markgraf Christian Wilhelm, eine Steuer, nach der ein Bauer für sich einen Reichstaler, für seine Frau einen Reichstaler, für Kinder und Knechte sechs Groschen und für jede Magd drei Groschen zu zahlen hat. Im Jahr darauf wird erneut Steuer erhoben, bei der für jeden ausgezählten Scheffel Wintergetrei-de zwei Groschen und für Sommergetreide ein Groschen gezahlt werden muss.

Mit dem dänischen Kriegseintritt 1625 wird der schillerndste Akteur auf die Polit- und Kriegsbühne gerufen. Im Juli stellt der aus einer protestantischen Familie stammende Albrecht von Wallenstein sich und sein Söldnerheer in kaiserliche Dienste und damit der katholischen Sache zur Verfügung.

Heer, Tross und Bagage ziehen sich mit zerstörerischer und alles niederdrückender Macht durch das Land. Von einer Schlacht zur anderen. Aufgescheucht wird die Kriegswalze, wenn die Versorgung nicht mehr gesichert werden kann. Zwischendurch gibt es immer wieder kleine, schnelle Truppenbewegungen, die in kleine Scharmützel verstrickt sind. Ruhr und Pest, Syphilis und die Pocken grassieren in den Quartieren.

Als am 29.Oktober 1625 dreitausend kaiserliche Soldaten in der Quernestadt ins Winterquartier einziehen, sind bereits nach drei Wochen alle Vorräte verbraucht. Das Regiment zieht für die nächsten sieben Wochen vor die Stadttore ins offene Feldlager. Eine Darmerkrankung bricht aus, verbreitet sich und reißt über 200 Menschen – Soldaten und Querfurter – in den Tod. Kinder sterben an Pocken und Unterernährung. Weitere Einquartierungen folgen. Das Recht liegt nun in der Faust des Stärkeren.

Am 25.April 1626 stoßen die Truppen des Grafen von Mansfeld unter protestantischem Banner auf das katholische Heer Wallensteins an der Dessauer Brücke. Von den 20.000 Landsknechten Mansfelds können nur 5.000 ihr Leben retten und Wallenstein trägt für die katholische Liga den Sieg davon.

Auf der Querfurter Burg wird am 02.August ein Regiment einquartiert. Im September werden weitere 500 Reiter in den umliegenden Ortschaften untergebracht. Die Kirchbücher und Chroniken werden zum stillen Träger der Unglücke und Ereignisse. Schnell füllt sich das raue Papier. Auch mit den Zahlen derjenigen, die an der Pest sterben. 1626 sind es 1.400 Männer, Frauen und Kinder.

Nur gelegentlich ziehen 1627 kleine Verbände durch die Stadt oder beziehen Quartier. Die Situation ent-spannt sich im mitteldeutschen Raum ein wenig. Die Kriegsberichterstatter finden ihre Nachrichten nun auf den großen Schlachtfeldern des Nordens. Postreiter bringen wieder regelmäßig Nachrichten aus Magdeburg, Pommern oder Holstein auf den unsicher gewordenen Wegen in die Provinz. Die große Welle der Hexenverfolgung erfasst vor allem die fränkischen Hochstifte und die Rhein-Moselgegend. Im Heiligen Römischen Reich geht die Apokalypse um.

Als 1628 General Graf Heinrich Schlick in Querfurt eintrifft, wird den Bürgern für mindestens ein Jahr zugesichert, von weiteren Belastungen verschont zu bleiben. Abgesehen von den 50 Mann Besatzung auf der Burg. Im Jahr darauf unterzeichnet der Dänenkönig Christian IV. den Lübecker Friedensvertrag und beendet so die zweite Kriegsphase, den Niedersächsisch-Dänischen Krieg.

Schwedischer Krieg im Namen Gottes, Apokalypse und entwurzelte Menschen

Mit der Landung König Gustav II. Adolf von Schweden im Sommer 1630 an der Küste Pommerns öffnet sich der Vorhang für den dritten Kriegsakt. Kräftig schlägt die Werbetrommel für den Retter der protestantischen Sache. Gewaltige Propagandaschlachten puschen den „Löwen aus Mitternacht“ bereits vor der ersten Schlacht von Sieg zu Sieg. Von den Kanzeln wird verkündet, dass der König in einen heiligen Krieg zieht, „um die Brüder im Glauben vom Joch der Papisten zu befreien“. Flugblätter und Propagandaschriften tragen ihren eigenen Teil dazu bei.

Dramatisch und filmreif beginnt Gustav Adolf, der seinen Soldaten als unverwundbar gilt, seinen Auftritt am Usedomer Strand. „Vor den Augen seiner Mannschaften geht er inbrünstig betend auf die Knie während über ihm Sturm und Blitz tobt“, schreiben Augenzeugen in jenen Jahren.

Der „Schwertarm Gottes“ erblickt die Querfurter Festungsanlage noch 1630, als es zu direkten Kampfhandlungen kommt. Die Stadt wird von Soldaten geplündert. Reiter und Landsknechte werden unter Protest der Bürger einquartiert. Hab und Gut der Einwohner wird ohne Zögern requiriert; das Faustrecht durchgesetzt. Viele Querfurter verlassen die Stadt und folgen einem allgemeinen Trend. Entweder ziehen sie zu Verwandten oder schließen sich dem Tross an. Menschen aus allen Schichten finden sich im Kriegstreck wieder. Fuhrleute, Handwerker, Schanzknechte, Hirten und Bäcker. Entwurzelte Menschen, gebrannt und auf der Suche nach „Halt in einer haltlosen Welt“, sind auf der Wanderschaft. Viele Querfurter verarmen und ziehen bettelnd durch das Reich. Schutzlos sind die Bauern in den angrenzenden Ortschaften wie Obhausen oder Weißenschirmbach den plündernden Soldaten ausgeliefert.

Der 20.Mai 1631, die Erstürmung des protestantischen Magdeburgs, wird zum GAU in der Geschichte und brennt sich in das Bewusstsein von Generationen ein. Nach der Erstürmung gibt Johann Tserclaes Graf von Tilly die Stadt seinen Soldaten zur Plünderung frei. Bis heute versuchen Wissenschaftler die exzessive teuflische Energie zu erklären, mit der die losgelassenen Landsknechte, meist selbst vom Elend in die Armee getrieben, gegen die Bevölkerung vorgehen.

Nach der „Magdeburgisierung“ fallen die seit Monaten demoralisierten und ausgehungerten Truppen in Sachsen ein, erobern Merseburg und marschieren in Richtung Leipzig. Am 31.Mai wälzen sich Truppenverbände durch Querfurter Gebiet. Am 11.September schließen Johann Georg I. Kürfürst von Sachsen und Gustav Adolf ein Militärbündnis. Wenige Tage später kommt es bei Breitenfeld zur ersten militärischen Auseinandersetzung zwischen der kaiserlichen Armee unter Tilly und den vereinten Herren der Schweden und Sachsen. Der Sieg geht zugunsten der Protestanten und bedeutet einen entscheidenden Wendepunkt im Kriegsverlauf.

Nach der Schlacht reiten die ersten Schweden in Querfurt ein. Kurz darauf lagert die gesamte schwedische Armee zwei Tage zwischen Obhausen und des „Heiligen Römischen Reiches Stadt“. Der Schwedenkönig übernachtet bei Bürgermeister Schobisz. Das schwedische Herr, dessen schottische Söldner in ihren karierten Röcken oder die in Felle gehüllten Lappländer von der Bevölkerung neugierig bestaunt werden, verfüttert das gesamte Getreide und annektiert sämtliche Bier- und Brotvorräte.

Am 26.11. werden Stadt und Burg von 3.000 schwedischen Soldaten besetzt. Die Auseinandersetzungen des Jahres 1632 finden vorerst im Süden und Westen des Reiches statt. Tilly stirbt im April, nachdem er bereits in Breitenfeld schwer verwundet wurde. Im Sommer stehen sich Schweden und Wallensteins Truppen monatelang in Nürnberg gegenüber. Das kleine Städtchen an der Querne indessen erfährt wie seine Burg ständig wechselnde Einquartierungen und Truppendurchzüge. Wie am 24.10., als 9.000 Soldaten durchmarschieren.

Der „finale Akt im Kampf der Giganten“ wird sich in Lützen abspielen. Auf dem Marsch nach Norden wird die Burg am 11.11. in schwedische Hände übergeben. Bei miserablem Herbstwetter, auf schlammigen Wegen, erreichen die Truppen am Vorabend des Kampfes das Schlachtfeld. 4.000 Pferde gehen bei dem Gewaltmarsch zugrunde; bei den Soldaten häufen sich aufgrund von Krankheit und Entkräftung die Ausfälle. Die Nacht vor dem mörderischen Ringen verbringen die Landsknechte, Arkebusiere und Pikeniere auf freiem Feld, hungernd und frierend.

Unter schwedischem Beschuss, wechselnde Besatzung und Kriegsende

In der Schlacht von Lützen 1632 fällt der kaiserliche Heerführer Pappenheim, der aufgrund seiner vielen Narben auch „Schrammenhans“ genannt wird. Der Tod des Schwedenkönigs im gleichen Gefecht bildet, wie in vielen Fällen, die Basis für Legendenbildung. In den 1990er Jahren wird der „Kriminalfall Gustav Adolf“ durch den Wissenschaftsfotografen Lennart Nilson neu beleuchtet. Das ZDF sendet darüber eine mehrteilige Dokumentation.

Zurück zur Querfurter Burg. Was in den Jahren nach Lützen folgt, sind weitere Einquartierungen und Durchzüge. Im Februar 1634 wird Wallenstein in Eger, dem heutigen Cheb, ermordet. Im Mai des folgenden Jahres kommt es endlich zum Prager Frieden. Doch erst am 21.09.1635 werden alle Truppen aus Querfurt abgezogen. Die Gegend fällt an Kursachsen. Bereits im Mai 1635 hatte Frankreich der spanischen Krone den Krieg erklärt und somit die vierte Phase – den französisch-schwedischen Krieg ausgelöst.

So kommt auch Mitteldeutschland nicht zur ersehnten Ruhe. Am 10.Oktober hält der kursächsische Hauptmann Goldbach Einzug auf der Burg. Die kommenden Jahre werden die Turbulentesten für das Provinzstädtchen. Am 16.Januar flieht der Burghauptmann vor den anrückenden Schweden. Erpressung und Folter sind an der Tagesordnung. Der Schwedentrunk wird zum Synonym. Der Glanz der heldenhaften schwedischen Retter ist seit dem Tode Gustav Adolfs verschwunden. Bereits im März zieht die gesamte schwedische Armee an Querfurts Stadtmauern vorbei. Danach dringen gewaltsam drei kaiserliche Truppen in die Stadt ein. Im Juli 1636 quartiert sich der Generalstab des 6.sächsischen Regiments in der Stadt ein. Ende Oktober kehrt die schwedische Armee zurück.

Siedlungen und Dörfer an den Heertrassen sind von den ständigen Truppenbewegungen am meisten betroffen. Die Landwirtschaft verfällt, Vieh und Geflügel verschwinden, Felder werden nicht mehr bestellt. „In den Wäldern und auf den Wegen jagt der Mensch den Menschen wie das Wild“, beschreibt der englische Reisende Thomas Roe die Situation im Deutschen Reich 1639.

Der Januar 1640 wird ein schwarzer Monat für die Burg Querfurt. Am 14. marschieren 3.000 Schweden auf das Provinzstädtchen zu. Die sächsische Besatzung requiriert prophylaktisch Pferde und Vieh der Umgebung. Kurz darauf wird die Stadt durch die Schweden genommen und schwer geplündert. Die Schweden beziehen vor der Burg Stellung und bringen ihre Artillerie in Gefechtsposition. Der mörderische Beschuss hält mehrere Tage an. Besonders die Westtoranlage wird unter Feuer genommen. Trotzdem gelingt es den schwedischen Kanonen nicht, die Festungsanlage sturmreif zu schießen. Der Chronist Caspar Schneider berichtet: „Am 14. Januar 1640 kamen 3000 Schweden aus dem Regiment Königsmarck, um die Burg einzunehmen. Sie plün-derten die Stadt und begannen um 12:00Uhr, die Burg mit Kanonen und Mörsern zu beschießen …“. Mysteriös bleibt die plötzliche Übergabe der Anlage am 19.Januar durch den Festungskommandanten. Die Burg wird von den Schweden besetzt und nach zwei Tagen wieder aufgegeben. Am 17.März quartieren sich 400 Finnen unter schwedischem Banner auf der Burg ein.

Im März des darauffolgenden Jahres kehrt die kaiserliche Armee zurück und nimmt die Burg in einem Nachtüberfall ein. Um die Weihnachtszeit logiert Erzherzog Leopold, Hochmeister des Deutschen Ritteror-dens, auf der Burg. Auch Graf Octavio Piccolomini `d´Arragona, Träger des Ordens des Goldenen Vlieses, beehrt die Stadt mit seiner Anwesenheit und weiteren 6.000 Pferden, 50 Wagen und zugehörigen Truppen. Im Januar 1642 zieht der größte Teil der kaiserlichen Armee wieder ab.

Im Herbst marschiert der Altmärker General Könismarck mit schwedischen Truppen in Querfurt ein. Anfang November kommt es zur blutigen Schlacht bei Breitenfeld, die das schwedische Heer unter Lennard Torstens-son für sich entscheidet. Die nahegelegene Querfurter Burg wird wieder von den Schweden belagert; Thaldorf am 23.11. bis auf ein Haus niedergebrannt. Drei Wochen später ziehen die kursächsischen Truppen von der Burg ab, nachdem der Kommandant erfahren hat, dass Leipzig bereits am 06.Dezember kapituliert hat.

Im August 1643 beginnen in Westfalen endlich die Friedensverhandlungen. Die folgenden Jahre ziehen schnell vorbei. General Königsmarck lässt 1643 am Nebraer Tor die Stadtmauern abtragen. Im Juni bricht die Pest aus, so dass Quarantäne verhängt werden muss. Am 19.07. wird auf Königsmarcks Befehl der Kirchturm der Stadtkirche St.Lamberti abgebrochen. Nach dem Friedensschluß im Oktober 1648 bleiben die Schweden als Besatzungsmacht noch für zwei Jahre in Querfurt zurück. Es wird nicht die letzte in der Geschichte des Quernestädtchens sein.

Querfurter Fürstentum, Beseitigung der Kriegsschäden und Ausbau

Der Krieg aller Kriege wird das Deutsche Reich für Jahrhunderte traumatisieren. Der Geruch der Verwüstung und Zerstörung, der Gewalt und Grausamkeit ist allgegenwärtig und lässt eine Generation, die im Krieg auf-gewachsen ist, nicht „einfach von neuem beginnen“.

Zwei Jahren nach dem Westfälischen Frieden teilt Kurfürst Johann Georg I. das Land unter seine vier Söhne auf. Herzog August, der Zweitgeborene und Administrator des Erzbistums Magdeburg, erhält Sachsen-Weißenfels mit der Herrschaft Querfurt und gründet das Herzogtum Sachsen-Weißenfels-Querfurt. Die Burg selbst wird als Residenz und Wohnschloss genutzt.

1662 beginnt man die Kriegsschäden an der Westtoranlage zu beseitigen. Johann August von Leitzsch ist in jenen Jahren nicht nur der Kommandant der Querfurter Burg, sondern auch der Festung Heldrungen und steht auch dem Weißenfelser Baumeister vor.

Dem Ehrgeiz Augusts ist es zu verdanken, dass Querfurt 1663 zum Fürstentum, bestehend aus den Ämtern Querfurt,  Jüterbogk, Burg und Dahme erhoben wird. 1680 segnet Herzog August, Fürst von Sachsen-Querfurt, das Zeitliche. Zur Erinnerung bleiben allein das heutige „Fürstenhaus“ und der „Fürstenhut“ in der Merseburger Straße bestehen. Unter Augusts Nachfolger Herzog Johann Adolf I. geht die Herrschaft an den Großfürsten von Brandenburg über. Weißenfels wird Residenzstadt. Das Fürstentum Sachsen-Querfurt dagegen in zwei Kreise geteilt; Jüterbogk/ Dahme und Querfurt/ Heldrungen.

Im Jahr 1697 tritt der sächsische Kurfürst August der Starke zum Katholizismus über und Johann Georg wird Fürst von Querfurt. Der Fürst bestätigt der Stadt Vieh- und Jahrmärkte, gestattet den Getreidehandel auf den Wochenmärkten und erlässt den Märkten für die nächsten 20 Jahre jegliche Abgaben.

Noch heute kündet der Freimarkt von den Förderprogrammen, die Johann Georg Ansiedlern gewährt. Mit besonderen Rechten und Freiheiten soll die Stadtentwicklung nachhaltig gefördert werden.

Nach seinem Tod 1712 stagniert der Aufschwung. Bruder Herzog Christian arrangiert unübertroffene Partys mit der High Society seiner Zeit. Um seinen verschwenderischen Lebensstil zu finanzieren, wird das Land in Parzellen geteilt, Güter werden zerschlagen und sonstige Rechte verschachert. Der Partylöwe Herzog Christian stirbt 1736 in Sangerhausen.

Herzog Johann Adolph II. übernimmt nun Herrschaft und Regierung in Weißenfels. Als Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der sächsischen Truppen ist er kein Unbekannter. Er lässt die Finanzbücher überprüfen und am oberen Ende des Burgberges Tore errichten. Noch heute erinnert das dortige Monogramm an die zehn Jahre seiner Herrschaft. Nach seinem Tod erlischt die Linie Sachsen-Weißenfels und Querfurt fällt an Kursachsen zurück.

Die Ereignisse der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts sind schnell erzählt. 1750 erlässt der Kurfürst von Sachsen im Februar eine Kleiderordnung, in welcher festgelegt wird, wie sich die einzelnen Stände zu kleiden haben. Im August 1756 beginnt der Siebenjährige Krieg. Preußen gegen Sachsen und den Rest Europas. Nach dem preußischen Einfall  kapituliert das sächsische Heer kampflos. Das Königlich Preußische Feld-Kriegs-Kommissariat zu Dresden verordnet die Lieferung von 168 Bund Stroh. Am 03.02 1757 werden weitere 185 Scheffel 6 ½ Metzen Hafen Dresdner Maß und 132 Zentner 2 ½ Pfund Heu an das Proviantsamt Zeitz verlangt. In der großen Weltpolitik kann Großbritannien Frankreich aus Indien verdrängen, Kanada und Louisiana östlich des Mississippi sowie Florida und die Herrschaft auf den Weltmeeren gewinnen.

1770 wird die Querfurter Anlage der staatlichen Verwaltung übergeben. In Sachsen wird im April 1771, acht Jahre nach Ende des Krieges, zur Tilgung der Kriegsschulden ein sogenannter Bierpfennig eingeführt. Steuer-reform per königlichen Erlass. Was folgt sind statistische Erhebungen. 1773 wird durch die neue Schulord-nung das Unterrichtswesen in Sachsen reformiert. Neben Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen wird Erdbeschreibung, Geschichte und Naturkunde vorgeschrieben. 1785 wird die Zugbrücke der Burg durch einen steinernen Bogen ersetzt. 1787 wohnt die Schlosswache unmittelbar südlich der Durchfahrt. In weiteren Kasemattenräumen werden die Feuergeräte aufbewahrt. 1791 werden als „Professions-Verwandten“ u.a. angegeben: 1 Apotheker, 1 Bader, 3 Beutler, 2 Bierbrauer und Mälzer, 6 Branntweinbrenner, 4 Hutmacher, 5 Dirnen. 1795 wird der Gasthof „Zur Sonne“ eröffnet.

Letzte öffentliche Hinrichtung, Befreiungskriege und neue Not

Das neue Jahrhundert beginnt mit der letzten öffentlichen Hinrichtung am 25.07. auf dem Markt. Der Uhrmacherlehrling Heinrich Ferdinand Bury war wegen eines in Leipzig verübten Raubmordes bereits am 01.05.1799 vom „Hochnoth Peinliche Halßgericht“ der Stadt Querfurt zum Tode durch das Rad verurteilt worden. Aufgrund eines Gnadengesuches milderte der Herzog von Sachsen Friedrich August die Strafe. Bury wird mit dem Schwert enthauptet.

Am 26.07. 1801 tobt ein schweres Sommergewitter über Burg und Stadt. Auch die Zeichen der Zeit stehen wieder auf Sturm. Nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt fliehen im Oktober 1806 die Reste der geschlagenen Heerestruppe nach Norden durch Querfurter Gebiet. Ein Korps der französischen Armee, 60.000 Soldaten unter dem Kommando von Bernadotte, Prinz von Ponte-Corro, rückt in die Stadt ein. Die Plünderung beginnt am Abend und hält beim qualmenden Fackelschein bis in die frühen Morgenstunden an. 

Nach dem Friedensvertrag von Tilsit 1807 werden durch napoleonische Werber die letzten wehrfähigen Männer zwangsrekrutiert. Aufgrund akuten Platzmangels wird im selben Jahr das Gefängnis von der Fronfeste auf einen Raum in den südlichen Kasematten ausgedehnt.

Im Juli 1809 trifft König Jerome von Westfalen, ein Bruder Napoleon Bonapartes, mit 10.000 Mann in Querfurt ein. Sein Ziel ist es, den Herzog von Braunschweig mit seinen gefürchteten schwarzen Reitern abzufangen. Seine übertriebene Reinlichkeit veranlasst die Querfurter, ein Spottlied zu dichten. „Kaum kommt er in die Stadt, so nimmt er sich ein Bad. Drob’ freu’n wir und nicht wenig, ja, das ist noch ein König, der sich gewaschen hat.“

Im ereignisreichen Jahr der Befreiungskriege 1813 erleben Burg und Stadt wieder zahllose Einquartierungen und Durchzüge. Franzosen, Kosaken, Russen, Würtemberger, Bayern, Preußen und Österreicher ziehen über die Querne. Gefangene werden bewacht und Verwundete versorgt. Aber auch Geschlagene und Hoffende, deren neuer, unbändiger Nationalstolz die Basis für ein geeintes deutsches Reich bilden soll machen Station. Auch der Husar Theodor Goethe, ein entfernter Verwandter Johann Wolfgangs, quartiert sich im September in einem am Marktplatz gelegenen Gasthaus ein.

Nach der Völkerschlacht vor Leipzigs Toren wälzen sich am 21.10. nahezu 20.000 Soldaten eines russischen Kavalleriekorps durch die Stadt. Zwei Tage später nehmen 18.000 Mann der schwedischen Armee Quartier. Der Kronprinz von Schweden, Karl Johann und sein Feldmarschall von Stedingk beziehen auf der Burg Logis. Im folgenden Jahr dankt Napoleon Bonaparte ab und geht ins Exil auf die Insel Elba. Die Koalitionsarmeen ziehen sich aus Frankreich zurück. 6.000 Russen machen auf dem Weg in die Heimat an der Querne wieder Station.

Nach den Befreiungskriegen sieht es wie in grauer Vorzeit aus. Straßen sind ohne Pflaster. Ein Sumpfloch liegt neben dem anderen, in dem die Pferde und Fouragewagen stecken bleiben. Die Anwohner haben es sich zur Gewohnheit gemacht, Mistjauche und Abwässer auf die Straße laufen zu lassen. Es ist einfach und praktisch. Das Wiesenhaus, als Kriegslazarett eingerichtet, verlassen viele Soldaten, unter ihnen auch Franzosen, nur, um auf den Friedhöfen begraben zu werden.

Das Land Sachsen, als Parteigänger Napoleons, verliert nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses 1815 seine Gebiete an Preußen. So zieht auch der preußische Adler in Querfurt ein. Am 01.Oktober 1816 wird der Kreis Querfurt aus den ehemals sächsischen Ämtern Freyburg, Wendelstein, Sittichenbach, Querfurt gebildet. Querfurt wird Kreisstadt im Regierungsbezirk Merseburg in der Provinz Sachsen im Königreich Preußen. Die Burg als Verwaltungssitz und landwirtschaftliches Gut genutzt. In einer statistischen Erhebung der Kreisstadt vom 31.12. sind u.a. 113 Pferde, 110 Ziegen, 53 Schweine, Drechsler und Horndreher, Sattler, Zimmerleute und Büchsenmacher verzeichnet.

Soziale Unruhen in der Provinz, Burgmuseum und Altertums- und Verkehrsverein

Gleichförmig und unaufhaltsam bewegen sich die Jahre weiter. In einer Verfügung vom 04.März 1820 wird die Öffnung der Stadttore bis 22:00Uhr täglich erweitert. Im Inventarverzeichnis der Burg von 1825 wird eine Wachstube direkt neben der südlichen Einfahrt erwähnt. Bereits vorher wurden die Räume als Pferdestall – 1753 als Wohnung des Brauers – genutzt. 1842 kommt es zu Planungen für ein Polizeigefängnis. Noch 1877 werden Wachstube und Gerichtsdienerwohnungen im Nordtrakt erwähnt. Später dienen die Kasemattenräume als Keller und Schuppen. Lediglich in den nördlichen Räumen muss ab 1936 eine Familie „zur Strafe“ einziehen.

Die Industrialisierung ist auf dem weltweiten Vormarsch, die mitteldeutschen Länder treten dem Deutschen Zollverein bei und 1830 kommt es in Sachsen und im östlichen Thüringen zu sozialen Unruhen. 1839 wird die tägliche Personenpost zwischen Sangerhausen, Merseburg und Leipzig eröffnet. In Querfurt gehen die Kutschen um Mitternacht durch.

Die Unruhen im März 1848 machen auf vor der preußischen Kreisstadt nicht Halt. Während den Wahlen zur Nationalversammlung kommt es zu schweren Ausschreitungen gegenüber dem Regierungskommissar. In Folge der Aufstände erscheint das Kreisblatt erstmalig ohne Zensur.

Die neue Statistik von Querfurt verzeichnet im Dezember 1867 u.a. 4249 Einwohner; darunter Prediger und Hebammen, Rechtsanwälte und Totengräber, Notare und Tagelöhner, Journalisten und Postillione sowie 13 Militärbeamte.

Der deutsch-französische Krieg bricht 1870 aus. Am 16.Juli trifft die Mobilmachungsdepesche mit 130 Gestellungsbefehlen an Heerespflichtige im Querfurter Amt ein. Die Schlachten finden nun an den westlichen Grenzen des Norddeutschen Bundes statt. Die Burganlage verschwindet endgültig aus dem strategischen Blickwinkel. Mit der Reichsgründung 1871 wird die Domäne zur Staatsdomäne erhoben. 1884 wird Querfurt mit der „Sekundärverbindung“ nach Oberröblingen an das Bahnnetz angeschlossen. 1906 wird unterhalb der Burg ein Volksbad angelegt. Drei Jahre später wird aus Anlaß der „900jährigen Wiederkehr des Tages, an dem Brun von Querfurt erschlagen wurde“, in der Johannes-Schlaf-Straße eine katholische Kirche errichtet.

Am 27.März 1911 wird im Dachgeschoß des Fürstenhauses, bislang als Gefangenen-Betstube genutzt, das Heimatmuseum eröffnet. Der Altertums- und Verkehrsverein wurde schon im Herbst zuvor gegründet. Zwei Jahre später sprengen die Ausstellungsstücke die Räumlichkeiten und das Museum zieht in das Hotel „Goldener Stern“ Hier wird auch das „Goldene Buch des Kreismuseums“ angelegt.

1914 bricht der Krieg aus, der die alten Traditionen über den Haufen schießen und das Vertrauen in Vaterland und Kaiser zusammenbrechen lassen wird. Im Dezember kämpfen bereits 370 Männer aus Querfurt und Umgebung an den Fronten im Osten und Westen. 126 Soldaten werden die Heimat nicht wieder sehen. Der Krieg zieht sich endlos hin. Am 01.März 1917 werden die kleinen Glocken der Stadt- und der Burgkirche und alle erreichbaren Kupferkessel sowie die Prospektpfeifen der Orgel in St.Lamperti für Kriegszwecke eingezogen. Im Mai gibt der Kreisausschuss des Kreises Querfurt Notgeld , sogenannte Kleingeldersatzscheine, zu 10Pf. und 50Pf. heraus.

Noch sind die „Goldenen 20er Jahre“ nicht erreicht. Mitteldeutschland wird von Unruhen, Streiks und stän-digen Auseinandersetzungen erschüttert. 1919 sorgt der Generalstreik vom Raum Merseburg-Halle über die Provinz Sachsen bis Anhalt, Thüringen, Leipzig für Stimmung. Am 19.März 1921 rücken bewaffnete Polizeihundertschaften in die mitteldeutschen Industriestandorte ein. Die Auseinandersetzungen konzentrieren sich vorerst auf das Mansfelder Gebiet. Daraufhin wird der Generalstreik ausgerufen, an dem sich etwa 150.000 Arbeiter des Regierungsbezirkes Merseburg beteiligen. Am 28.03. ziehen Polizeitruppen in das von den streikenden Arbeitern besetzte Querfurt ein. Rathaus und Marktplatz gleichen einem Heerlager. Wilde Razzien beginnen. In der Eislebener Straße stirbt Otto Peter im Kugelhagel. Paul Straube, Lagerhalter der Konsumverkaufsstelle und Vorsitzender der Ortsgruppe der KPD sowie der 18jährige Jungkommunist Willy Burghardt werden auf dem Weg nach Schafstädt „auf der Flucht erschossen“. Heute erinnert eine Tafel am Rathaus an die blutigen Tage in der Kreisstadt.

Archäologische Untersuchungen, Amerikaner, Flüchtlinge und nach 1945

Auch wenn der ehemalige Sitz der Edlen Herren von Querfurt seine strategische Bedeutung verloren hat, gibt es noch einiges über die Anlage zu berichten. Der Tourismus steckt noch in den Kinderschuhen. Doch das Interesse am Erforschen der eigenen Vergangenheit ist, spätestens seit den Zeiten Napoleons und spätestens seit Heinrich Schliemann, erwacht.

Am 08.08. 1933 wird nach jahrelangen Aufbauarbeiten und sammeln von Geldern das neue Kreismuseum durch den Altertums- und Verkehrsverein in der Nordost-Bastion eröffnet. Im Rahmen des Reichsarbeitsdienstes wird ab 1937 durch Arbeiter aus dem Lager Roßleben die Burganlage unter Leitung des Landeskonservators Hermann Wäscher systematisch ergraben. Das Land wird an Siedler (Erbhofbauern) aus Schwaben und anderen Teilen Deutschlands aufgeteilt. In jenen Jahren entsteht die Bauernsiedlung im Südwesten der Stadt.

Der 2.Weltkrieg geht fast unbemerkt an der Provinz vorbei. Die Angriffe der alliierten Bomberflugzeuge konzentrieren sich hauptsächlich auf das Industriegebiet um Merseburg. Die Bemühungen des Kreisleiters Börner, Querfurt 1945 zur Festung zu erklären, scheitern. Gänzlich verschont bleibt die Stadt indessen nicht. Am 11.April ist bereits der Kanonendonner der heranrückenden 12.US-Armee zu hören, als in der Geistpro-menade amerikanische Bomber ihre Last über einer Kolonne Armeefahrzeuge ausklinken. Sechs Eigenheime werden dabei zerstört, 24 Frauen, Männer und Kinder getötet. Am selben Tag entdecken US-Truppen die in Kalischächten bei Merkers eingelagerten Goldreserven des Dritten Reiches und beschlagnahmen diese. Einen Tag später nähert sich gegen 14:00Uhr die Panzerspitze der 12. Querfurt. Der amtierende Bürgermeister Dr.Weiß übergibt den Amerikanern bedingungslos die Stadt. Durch die amerikanische Militärverwaltung wird der frühere Konsumverwalter und SPD-Vorsitzende Hermann Behrendt kommissarisch eingesetzt.

Bereits eine Woche nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht wird das Reisen im Kreisgebiet ohne Reisepass gestattet. Am 30.06. ziehen sich die Amerikaner in die Westsektoren zurück. Am 03.07. besetzen Soldaten und Offiziere der Roten Armee die Stadt. Aber auch die Flüchtlingsströme aus den Ostge-bieten reißen nicht ab. Sudetendeutsche werden aus Sachsen in den mitteldeutschen Raum weitergeschoben. Ostpreußen und Schlesier, Männer, Frauen und Kinder aus Bessarabien werden von den Einheimischen noch nach Jahren als Ausländer betrachtet und behandelt.

Geschichte im Eilzugtempo. Am 21.Januar 1949 wird in Querfurt die Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion gegründet; eine Woche später auf der Burg die erste Abteilung des Museums eröffnet. Ri-chard Jaeckel leitet den Altertums- und Verkehrsverein. Im September bezieht die Kreisredaktion der „Freiheit“ am Platz der Opfer des Faschismus ihre Räume. Einen Tag vor der Staatsgründung wird die Poliklinik im Fürstenhaus der Burg eröffnet. Frauenkrankheiten, Chirurgie, Augen- Hals- Nasen- und Ohrenkrankheiten werden durch sechs Fachärzte behandelt. Am 07.Oktober leben in der Stadt 8361 Einwohner, davon 56 Aus-länder und 2045 sogenannte „Umsiedler“. Die erste eigene Kreisseite wird am 15.12. 1950 in der „Freiheit“ gedruckt.

1952 beginnen im Kornhaus die Arbeiten zur Unterbringung des Kreismuseums. Der Pariser Turm dient als Feuerwache und wird als Aussichtsturm begehbar gemacht. 1953 befindet sich das Kreismuseum noch in der alten Nordost-Bastion, doch kommen weitere Räume im ehemaligen Kornhaus hinzu. Im November wird eine Karl-Marx-Ausstellung gezeigt und im Folgejahr durch den Bildhauer Kurt Otto für das Museum Deutsche Geschichte in Berlin das Modell der Querfurter Burg angefertigt.

Anfang Juli 1956 wird in der HO-Gaststätte „Zur Tanne“ ein Fernsehapparat aufgestellt, der in der Kreisstadt schnell zum medialen Highlight wird. Am 03.Juni 1957 hält der 76jährige Afrikaforscher Prof. Hans Schomburgk vor 600 Gästen auf der Burg einen Vortrag über seine Erlebnisse in Afrika. Ein Jahr später wird am Nebraer Tor die modernste Tankstelle des Bezirkes Halle in Betrieb genommen. Kurt Otto baut das Modell der Burg Querfurt für das Kreismuseum und im Kreismuseum werden die Errungenschaften aus „10Jahre[n] DDR“ ausgestellt.

Musealer Ausbau, Ausstellungen und Events

Der Maler Hans-Otto Hahn stellt im Juni 1961 zusammen mit anderen Künstlern im Kornhaus der Burg seine Arbeiten aus. Künstlerisch geht es auch in den folgenden Jahren weiter. Im Dezember 1964 findet das erste Konzert im Bildersaal statt. Organisiert wird die Aufführung von den Funktionären des Kulturbundes. Anlässlich des 20.Jahrestages der Bodenreform führt der Konsumkreisverband Anfang September 1965 das erste Burgfest durch. Im selben Monat wird zur „Hebung der Qualität der Burgkonzerte“ ein neuer Bechsteinflügel angeschafft. Die Einweihung erfolgt im Oktober durch den Nationalpreisträger Prof. Amadeus Webersinke.

1966 wird die Südostbastion der Burg durch die PGH „Dachdecker“ restauriert und vier Jahre darauf der Burgbrunnen neu eingedeckt. Bei den Arbeiten fördert der Munitionsbergungsdienst der Deutschen Volkspolizei aus Magdeburg Munition aller Art an das Tageslicht. Die X.Burgfestspiele finden vom 20. bis 23. Juni 1974 statt. Der sowjetische  Vizekonsul E.Kamajew ist der prominenteste Gast, heute würde er als VIP bezeichnet, der Veranstaltung.

Noch bis 1975/76 beherbergt das Korn- und Rüsthaus Mieter. Danach beginnen an und in den Gebäuden umfangreiche Rekonstruktionsmaßnahmen. Im April 1976 erhält die Burg vom Museum für Deutsche Geschichte Berlin 13 Kanonenrohre, 3 Mörser sowie 3 Bock- und Hakenbüchsen und eine alte Geschützlafette. Im Sommer beginnen die umfassenden Instandsetzungsarbeiten der Westtoranlage durch das Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Halle, dem heutigen Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt. Bis 1979 werden Mauern, Mauerkronen und die Durchfahrt gesichert.

1980 werden die Wehranlagen der Querfurter Burg durch die Kollegen des VEB Denkmalpflege Halle, Sitz Quedlinburg, Bereich Nebra in ihrem ursprünglichen Zustand wieder hergestellt. Anfang der 1980er Jahre werden in der Burgkirche zahlreiche Bestattungen und der Vorgängerbau aus dem 10.Jahrhundert entdeckt. Die ehemals kleine Kapelle wird nach 1004 als Kollegiatsstiftkirche zum Teil neu errichtet. Seit 1146 diente das Kloster Marienzell, westlich von Querfurt, als Hauskloster und Familiengrablege der Querfurter Edelherren.

1983 beginnen im September die Bauforschungen der Westtoranlage. Im Oktober des nächsten Jahres besteigen Alpinisten den Dicken Heinrich und den Pariser Turm, nehmen Kugel und Wetterfahne ab und mon-tieren einen Blitzableiter.

Am 16.April 1987 wird in Anwesenheit der Mitglieder des Politbüros des ZK der SED, Genossen Werner Felfe, Sekretär des ZK und Genossen Achim Böhme, 1.Sekretär der Bezirksleitung Halle das Fürstenhaus an die Mitglieder der Agrar-Industrie-Vereinigung übergeben. Im Oktober bringt die Technosportgruppe Leipzig auf dem 57m hohen Pariser Turm eine neue Turmkugel und Wetterfahne an. Ein Spektakel im Städtchen.

Mit den Ereignissen im stürmischen Wendeherbst 1989 dreht sich auch die politische Wetterfahne an der Querne. Die Menschen demonstrieren friedlich für Reformen und demokratische Erneuerung in der DDR. In den folgenden Jahren reiht sich Querfurt in das Schicksal vieler ostdeutscher Provinzstädte ein. Die Burg Querfurt versucht im Trutzbündnis der „Fünf Ungleichen“ den neuen Zeiten wirkungsvoll entgegenzutreten.

Eigentümer der Anlage wird der Landkreis. Auch wenn die substantielle Basis der „besterhaltendsten Burganlage Mitteleuropas“ positiver ist als anderswo, sind doch umfangreiche Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an der Anlage notwendig. Besonders Kosten- und Zeitintensiv gestalten sich die Arbeiten zur Ver- und Entsorgung der Burg. Nach 20jähriger Schließung wird 1992 die Burgkirche wieder geöffnet. Um die Querfurter Anlage überregional noch bekannter zu machen wird im Spätsommer 2005 die 25-Jährige Katharina Heinrich als Marketingleiterin eingestellt. Der langjährige Mitarbeiter und Archäologe Heiko Einecke wird Leitender Museologe auf Burg Querfurt. Wechselnde Konzepte sorgen ebenso wie die enge Zusammenarbeit mit der Stadt für konstante Besucherzahlen. Im Zusammenhang mit dem steigenden Bekanntheitsgrad der Himmelsscheibe von Nebra, sowie den besonders im Süden von Sachsen-Anhalt etablierten museologischen und archäologischen Kleinoden gewinnt auch Querfurt immer mehr an Anziehungskraft.

SCHLUSS